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Kulturministerin Kunst mahnt anlässlich der Enthüllung einer Stele für Johannes Lepsius, dass die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit die Basis für Versöhnung ist

- Erschienen am 28.04.2015

Brandenburgs Kulturministerin Sabine Kunst mahnt anlässlich des heutigen Festakts zur Enthüllung der Marmorstele „Zivilcourage“ des Bildhauers Roland Stelter vor dem Lepsiushaus Potsdam, dass eine erfolgreiche Gestaltung der Zukunft nicht ohne eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit geht. „Zivilcourage fängt bei jedem Einzelnen an. Das beweist der Einsatz des evangelischen Theologen Johannes Lepsius – gegen alle Widerstände – für die Armenier im Ersten Weltkrieg. Dafür wird er heute zu Recht geehrt. Der Völkermord an den Armeniern geht auch uns etwas an: Die systematischen Vertreibungen, Todesmärsche und Massaker, denen die armenischen Männer, Frauen und Kinder im Osmanischen Reich ab April 1915 ausgesetzt waren, wurden durch die Duldung und das Wegschauen der damaligen deutschen Reichsregierung begünstigt. Dafür tragen wir auch heute noch die Verantwortung. Ich freue mich, dass wir mit dem Lepsiushaus eine Einrichtung im Land Brandenburg haben, die sich dieser Aufarbeitung auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau stellt. Ich bin zuversichtlich, dass die derzeitige Diskussion über die Katastrophe, die sich in diesen Tagen zum 100. Mal jährt, zu neuen Perspektiven führt und zu einem Prozess der Annäherung zwischen den Menschen und Völkern beiträgt.“

Bereits im März fand die internationale Tagung „Zeuge eines Jahrhundertverbrechens – Das Deutsche Reich und der Völkermord an den Armeniern“, organisiert vom Lepsiushaus Potsdam und dem Deutschen Historischen Museum Berlin statt. Im Fokus der Tagung stand die Mitverantwortung des Deutschen Reiches als wichtigster Verbündeter des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg. Historiker aus Armenien, der Türkei, den USA, Großbritannien, Frankreich, der Schweiz und Deutschland setzten sich insbesondere mit der Bedeutung der so genannten armenischen Frage in der deutsch-osmanischen Politik auseinander.

Das Potsdamer Lepsiushaus ist eine in Deutschland und Europa einmalige Forschungs- und Begegnungsstätte. Sie beschäftigt sich – unter besonderer Schwerpunktsetzung auf die Geschichte des armenischen Volkes – mit der Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts. Die mit Mitteln des Bundes und des Landes realisierte Dauerausstellung beleuchtet die historischen und politischen Entwicklungen Europas und des Osmanischen Reiches ab 1900. Das Haus wird anteilig mit jeweils 45.000 Euro jährlich vom Land Brandenburg und der Landeshauptstadt Potsdam finanziert. Es existieren zahlreiche Kooperationen mit wissenschaftlichen Einrichtungen im In- und Ausland, unter anderem mit der Universität Potsdam und dem Moses-Mendelssohn-Zentrum Potsdam.

Vom Lepsiushaus aus verschickte der deutsche evangelische Theologe und Orientalist Johannes Lepsius im Sommer 1916 mehr als 20.000 Exemplare seines „Berichts über die Lage des armenischen Volkes in der Türkei“ an die Abgeordneten des Reichstages und des württembergischen Landtages, an evangelische Pfarrhäuser in ganz Deutschland und an die Redaktionen der großen deutschen Tageszeitungen. Lepsius widersetzte sich damit der Reichsregierung, die es mit Rücksicht auf den Weltkriegsverbündeten Osmanisches Reich zur nationalen Pflicht erklärt hatte, zu den Verbrechen an den Armeniern in der Türkei zu schweigen.

 

Weitere Informationen zur Tagung unter: www.lepsiushaus-potsdam.de

Abbinder

Datum
28.04.2015
Rubrik
PM