Kulturministerkonferenz beschließt Schiedsgerichtsbarkeit zu NS-Raubgut
- Erschienen am - PresemitteilungDie für Kultur zuständigen Ressortchefinnen und -chefs der Länder haben heute im Rahmen der 13. Kulturministerkonferenz in Berlin die Einrichtung der neuen Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubgut beschlossen. Für das Land Brandenburg unterzeichnete Kulturministerin Dr. Manja Schüle das Verwaltungsabkommen mit Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zur Einrichtung einer gemeinsamen Schiedsgerichtsbarkeit für Rückgabestreitigkeiten über NS-Raubgut:
„Im Nationalsozialismus geraubte Kunst gehört in die Hände ihrer rechtmäßigen Eigentümerinnen und Eigentümer. 80 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus sollte das längst selbstverständliche Praxis sein. In Brandenburg konnten bislang stets einvernehmliche Lösungen zwischen ehemaligen Besitzern bzw. ihren Erben und den kulturgutbewahrenden Einrichtungen gefunden werden. Mit der heute eingeführten Schiedsgerichtsbarkeit erleichtern wir nun in ganz Deutschland die Rückgabe von NS-Raubgut. Dazu tragen sowohl die einseitige Anrufbarkeit und verbindliche, transparente Bewertungsmaßstäbe bei – als auch ein Schiedsgericht, das einvernehmlich mit der Jewish Claims Conference und dem Zentralrat der Juden eingerichtet wird. Klar ist: Wir haben eine Verpflichtung zu Aufarbeitung und Gerechtigkeit. Die Schiedsgerichtsbarkeit ist ein Schritt dahin, dieses Versprechen einzulösen.“
Die neue Schiedsgerichtsbarkeit soll bei Differenzen über die Rückgabe von Kulturgütern, die NS-verfolgungsbedingt entzogen wurden, vermitteln und rechtsverbindlich entscheiden. Sie ersetzt die bisherige Beratende Kommission, deren Beschlüsse lediglich Empfehlungscharakter hatten. Träger der Schiedsgerichtsbarkeit wird das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste; Bund und Länder teilen sich die Kosten. Neu ist: Drei Monate nach Inkrafttreten des Verwaltungsabkommens können Anspruchstellerinnen und Anspruchsteller die Schiedsstelle erstmals auch einseitig anrufen. Dafür müssen die kulturgutwahrenden Einrichtungen ein so genanntes „stehendes Angebot“ abgeben, dass sie dazu bereit sind. Das betrifft in Brandenburg zunächst Einrichtungen der unmittelbaren Landesverwaltung wie das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Landesmuseum sowie das Brandenburgische Landeshauptarchiv. In einem weiteren Schritt soll das Angebot binnen sechs Monaten auch auf Einrichtungen mit Landesbeteiligung ausgeweitet werden sowie auf die kommunalen Rechtsträger. Neu ist zudem ein paritätisch besetztes Schiedsrichterverzeichnis, das gemeinsam vom Zentralrat der Juden in Deutschland und der Jewish Claims Conference sowie von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden berufen wird. Aus diesem Verzeichnis können die Parteien die Vertreter für das Schiedsgericht bestimmen. Das Schiedsgericht fällt dann eine rechtskräftige Entscheidung auf Grundlage eines verbindlichen Bewertungsrahmens. Die Schiedsverfahren sind für die Parteien kostenfrei.
Grundlage der Schiedsgerichtsbarkeit sind die „Washingtoner Prinzipien“ von 1998. Diese Übereinkunft soll dazu beitragen, während der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmte oder unter Zwang verkaufte Kunstwerke zu identifizieren, deren Vorkriegseigentümer oder Erben ausfindig zu machen und eine gerechte und faire Lösung zu finden. Die Übereinkunft wurde von 44 Staaten, darunter Deutschland, und 13 nichtstaatlichen Organisationen unterzeichnet. Daraufhin wurde 2003 in Deutschland die „Beratende Kommission“ eingerichtet, um in Streitfällen zu vermitteln. Die neue Schiedsgerichtsbarkeit löst die Kommission ab.