Startschuss für Synagoge in der Landeshauptstadt
- Erschienen am - PresemitteilungKulturministerin Manja Schüle, Evgeni Kutikow, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Stadt Potsdam, Ud Joffe, Vorsitzender der Synagogengemeinde Potsdam, Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert und der Berliner Architekt Jost Haberland haben heute in Potsdam gemeinsam den Startschuss für den Bau der Synagoge Potsdam gegeben. Die Landesregierung wird auf dem Gelände in der Schloßstraße 1 in Potsdam in den kommenden Jahren ein zur Nutzung als Synagogen- und Gemeindezentrum geeignetes Gebäude errichten und stellt dafür 8 Millionen Euro bereit. Die Synagoge soll nach der Fertigstellung von den jüdischen Gemeinden gemeinsam als Israelitischer Kultusgemeindebund Potsdam betrieben werden.
Kulturministerin Manja Schüle:
„In den vergangenen 30 Jahren ist ein vielfältiges und aktives jüdisches Leben in der Landeshauptstadt neu entstanden. Das ist das Verdienst der zahlreichen Mitglieder der jüdischen Gemeinden. Zum jüdischen Leben in Potsdam gehören aber auch die School of Jewish Theology an der Universität Potsdam, das Abraham Geiger Kolleg, das Zacharias Frankel College und das Moses Mendelssohn Zentrum – sie alle prägen heute selbstverständlich jüdisches Kultur- und Geistesleben in Brandenburg. Dass sich viele Jüdinnen und Juden ausgerechnet Deutschland und Brandenburg als neue Heimat ausgewählt haben, ist Ausdruck ihres Vertrauens in unser Land – das ist alles andere als selbstverständlich und dafür bin ich zutiefst dankbar“, so Ministerin Schüle. „Nach einem intensiven, mehr als zehnjährigen Prozess liegt nun ein Entwurf für eine Synagoge in Potsdam vor. Ein Entwurf, der von der großen Mehrheit der Jüdinnen und Juden in Potsdam befürwortet und unterstützt wird. Überzeugt haben mich die zahlreichen Stimmen vor allem älterer Gemeindemitglieder, die sich nach jahrzehntelangem Warten danach sehnen, die Fertigstellung der Synagoge noch zu erleben. Ich freue mich, dass ich heute den Startschuss für den Bau geben kann. Wichtig ist: Wir bauen diese Synagoge nicht, um die Stadtmitte in der Landeshauptstadt schöner zu gestalten und wir bauen sie auch nicht für eine einzelne Gemeinde, sondern wir bauen sie für alle Jüdinnen und Juden in Potsdam. Ich danke allen Beteiligten, die sich in den letzten Jahren mit viel Leidenschaft und unglaublichem Engagement in diesen Prozess eingebracht haben, insbesondere den beiden jüdischen Gemeinden. Die Errichtung der Synagoge ist ein Symbol dafür, dass jüdisches Leben in Potsdam wieder dort präsent sein wird, wo es hingehört: im Herzen der Stadt. Ich freue mich schon jetzt auf die religiösen, gesellschaftlichen und kulturellen Impulse, die künftig von dieser Synagoge in unserer Mitte ausgehen werden.“
Evgeni Kutikow, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Stadt Potsdam:
„Unsere Jüdische Gemeinde existiert bereits seit 30 Jahren. In diesen Jahren sind wir immer wieder umgezogen – keines der Gebäude war für unsere Gemeinde geeignet, in keinem dieser Räume konnten wir unsere jüdische Religion angemessen leben, an keinem dieser Orte haben wir uns zu Hause gefühlt. Im Namen der Gemeindemitglieder möchte ich meine große Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass die Potsdamer Jüdinnen und Juden nun ihre eigene Synagoge, ihr eigenes Zentrum bekommen. Das ist ein wichtiges Signal für ein lebendiges jüdisches Leben im Zentrum unserer Stadt. Wir freuen uns auf ein Haus, das für die Potsdamer Juden ein sicheres Zuhause werden soll – und gleichzeitig für alle Potsdamer Bürgerinnen und Bürger offenstehen soll.“
Ud Joffe, Vorsitzender der Synagogengemeinde Potsdam:
„Liebe Potsdamer, wir stehen heute, in Zeiten von Kontaktsperren und Versammlungsverbot, und geben ein Signal, dass wir an die Versammlung von Menschen – S Y N A G O G E – noch kräftig glauben. Es wird wieder! Ja, wir glauben, dass Juden in dieser Stadt an einem prominenten Ort, mit einem identitätsstiftenden, jüdischen, sakralen Gebäude einen Versammlungsort für sich und für Sie, liebe Potsdamer Freunde, finden sollen, um gemeinsam jüdisches Leben und jüdische Religion auszuleben, zu erleben und wiederzubeleben in diesem Land.“
Architekt Jost Haberland:
"Der Vorentwurf für den Neubau der Potsdamer Synagoge ist das Ergebnis eines langen und intensiven Planungsprozesses mit den Jüdischen Gemeinden. Zudem wurden in einer Reihe von öffentlichen Workshops die Bürgerinnen und Bürger an der Planung beteiligt. Viele Anregungen aus diesen Diskussionen sind in den Vorentwurf eingeflossen. Die Synagoge soll – bei allen zu erfüllenden Sicherheitsstandards – ein offenes Haus sein. So ist im Erdgeschoss ein Café geplant, das für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Das religiöse Zentrum befindet sich im 1. Obergeschoß: Hier liegt der Synagogenraum mit einer Raumhöhe von rund neun Metern. In den weiteren Etagen sind Gemeinde- und Büroräume untergebracht. Auf den Dachflächen entsteht eine Terrasse, die für Gemeindefeste unter freiem Himmel genutzt werden kann. In der Fassade markiert ein zweigeschossiger Rundbogen den Haupteingang. Der aus der Fassade herausragende Synagogenraum wird durch sieben Rundbogenfenster betont, von denen sich wie von einem Balkon eine Aussicht in die Stadt bietet. Die Zahl ‘Sieben‘ weist symbolisch auf die sieben Tage des Schöpfungszyklus hin. Die sandfarbenen Ziegel der Außenfassade schaffen die gestalterische Verbindung zu den Putzbauten der Altstadt – gleichzeitig erscheint die Synagoge eigenständig und als etwas Besonderes und Einzigartiges im Kontext der Stadtarchitektur.“
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert:
„Es freut mich sehr, dass nach so langer Diskussion nun ein Ort für alle Jüdinnen und Juden im Zentrum der Landeshauptstadt Potsdam neu entstehen kann. Die Synagoge wird für das jüdische Leben in Potsdam gebraucht und ich bin froh, dass das Provisorium dann endlich ein Ende hat. Ich finde den architektonischen Entwurf gelungen, es ist ein moderner Bau, der die religiösen Bedürfnisse aufnimmt. Ich weiß aber auch, dass in Potsdam gerne und viel über Architektur gestritten wird. Es ist gut, dass es nun eine Entscheidung gibt.“
Grundlage des Synagogen- und Gemeindezentrums ist der Vorentwurf des Berliner Architekten Jost Haberland (Entwürfe der Synagoge stehen unter dem Link https://we.tl/t-35fjZTLNfN bereit und können unter Angabe der Quelle für Veröffentlichungszwecke in der Presse heruntergeladen und genutzt werden). Kulturministerin Manja Schüle hat dem Vorentwurf des Architekten zugestimmt und dem Brandenburgischen Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) grünes Licht für den Bau gegeben. Damit können in diesem Jahr die bauvorbereitenden Planungen und Maßnahmen beginnen. Grundsteinlegung soll noch in diesem Jahr, Baubeginn im Frühling 2021 und Fertigstellung im Jahr 2023 sein. Der BLB übernimmt die Bauausführung als Landesbaumaßnahme. Das Zentrum soll künftig allen jüdischen Gemeinden in Potsdam für Gottesdienste, religiöse Feiern und Versammlungen, für Kulturveranstaltungen wie Konzerte, Ausstellungen, Lesungen und literarische Gespräche sowie für soziale Beratungsangebote und Schulungsveranstaltungen offenstehen. Das Land überlässt den Gemeinden als Träger das zu errichtende Haus unentgeltlich und beteiligt sich an den laufenden Kosten, etwa für Sicherheitsmaßnahmen, einen Rabbiner sowie weiteres Personal für kulturelle und soziale Angebote.
Seit dem Jahr 1991 haben sich jüdische Gemeinden in Potsdam, Cottbus, Frankfurt (Oder), Brandenburg an der Havel, Bernau, Oranienburg und Königs Wusterhausen mit insgesamt rund 2.000 Mitgliedern gegründet. Das Land Brandenburg hat im Jahr 2005 einen Staatsvertrag mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden abgeschlossen und stellt den Gemeinden jährlich mehr als 500.000 Euro zur Förderung jüdischer Gemeinde- und Verbandsstrukturen zur Verfügung. Auch die Pflege der verwaisten jüdischen Friedhöfe wird vom Land mitfinanziert. Im Januar 2015 wurde in Cottbus die landesweit erste Synagoge nach 1945 in der ehemaligen Schlosskirche eingeweiht. Das Land hat den Erwerb des Sakralgebäudes sowie verschiedene Maßnahmen zum Ausbau und zur Sicherung des Gebäudes mit rund 600.000 Euro unterstützt.
Seit 2012 gibt es das Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg, in dem Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen zusammenarbeiten. Im Jahr 2013 wurde die School of Jewish Theology an der Universität Potsdam eingerichtet. Seither können Frauen und Männer das Rabbiner- bzw. das Kantorenstudium an der Universität Potsdam sowie am Abraham Geiger Kolleg und am Zacharias Frankel College absolvieren. Der Studiengang ‘Jüdische Theologie‘ an der Universität Potsdam wird vom Land jährlich mit 563.000 Euro unterstützt, das Abraham Geiger Kolleg mit 50.000 Euro. Das Land finanziert zudem die derzeit laufende Herrichtung des Nordtorgebäudes und der Orangerie am Neuen Palais für das Abraham Geiger Kolleg, das Zacharias Frankel College und das Institut für Jüdische Theologie mit 12 Millionen Euro.
Das 1992 gegründete Moses Mendelssohn Zentrum in Potsdam ist eine interdisziplinär arbeitende Forschungseinrichtung, die historische, philosophische, religions-, literatur- und sozialwissenschaftliche Grundlagenforschung betreibt. Im Zentrum der Forschung stehen dabei die Geschichte, Religion und Kultur der Juden und des Judentums in Europa sowie die Beziehungsgeschichte von Juden und nichtjüdischer Umwelt. Das Moses Mendelssohn Zentrum wird vom Land jährlich mit mehr als 700.000 Euro gefördert.