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Kulturstaatssekretär Gorholt eröffnet gemeinsam mit Stiftungsdirektor Morsch Sonderausstellung über den Lagerarchitekten Bernhard Kuiper

- Erschienen am 23.11.2015

Kulturstaatssekretär Martin Gorholt hat heute gemeinsam mit dem Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch, im Neuen Museum der Gedenkstätte Sachsenhausen (Landkreis Oberhavel) die Sonderausstellung „‘Das schönste Konzentrationslager Deutschlands‘ (Lagerarchitekt Bernhard Kuiper). Vom KZ Esterwegen zum KZ Sachsenhausen“ eröffnet.

Staatssekretär Martin Gorholt erinnerte in seiner Rede an den grausamen Alltag der
KZ-Häftlinge im vermeintlich „schönsten Konzentrationslager Deutschlands“. „Die Ausstellung zeigt am Beispiel der von dem SS-Architekten Bernhard Kuiper entworfenen Lager Esterwegen und Sachsenhausen die Verwandlung von Naturlandschaften in eine ‘Geometrie des totalen Terrors‘, dekoriert von Blumenrabatten am elektrisch geladenen Todeszaun und einem Fischteich neben dem Büro des Kommandanten. Hier wuchsen an manchen Fußwegen Blümchen in schönen Beeten. Hier wurden mitten in den Blümchen Menschen gefoltert‘ – diese Erinnerungen des in Sachsenhausen inhaftierten späteren polnischen Schriftstellers Andrzej Szczypiorski entlarven eindrücklich den Begriff des ‘angeblich schönsten Lagers‘“, betonte Gorholt. Er würdigte die Arbeit der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten für die historische Aufarbeitung und die Erinnerungskultur. „Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinem menschenverachtenden Regime ist gerade in diesem Jahr, in dem sich das Ende des Zweiten Weltkrieges und die Befreiung der Konzentrationslager zum 70. Mal jähren, von besonderer Bedeutung. Die Gedenkstätte Sachsenhausen ist ein zentraler Bestandteil der Erinnerungskultur des Landes und der historisch-politischen Bildung für nachfolgende Generationen. Wir wollen gerade junge Menschen für die Mechanismen eines Unrechtssystems sensibilisieren, damit sie fremdenfeindlichen, rassistischen und antisemitischen Stimmungen bereits früh entschlossen entgegentreten und sich engagiert für Demokratie, Pluralismus und Freiheit einsetzen. Dabei leistet die Gedenkstätte Sachsenhausen mit ihren Ausstellungen einen wichtigen Beitrag.“

Stiftungsdirektor Günter Morsch: „Moor und Heide dort, märkischer Kiefernwald hier – dies waren die Naturlandschaften, die der KZ-Baumeister Kuiper zu Stätten von Terror und Gewalt umformte, an denen die SS sich die Natur als Idylle bewahrte. Doch handelt es sich dabei nur scheinbar um Gegensätze, denn in den Konzentrationslagern verschmolzen die Ideologien eines romantisch-deutschen Naturempfindens und des angeblich gemeinschaftsstiftenden Lagers aus dem Geiste des ‘Wandervogels‘ einerseits mit den rassistischen Gesellschaftsvorstellungen des Nationalsozialismus andererseits. Im Kern bestand dieses Idealmodell einer neu zu schaffenden Gesellschaft in der Übertragung angeblicher Naturgesetze auf die Menschen. Die angestrebte deutsche Volks- und Leistungsgemeinschaft verglich man mit einem Garten, in dem das Wachstum der nützlichen Pflanzen dadurch gefördert werde, indem das Unkraut getrennt und die Schädlinge ausgerottet werden. Konzentrationslager waren in der Sichtweise der Nationalsozialisten solche Einrichtungen, bei denen die wenigen ‘Verhetzten‘ und ‘Irregeleiteten‘ durch harte Arbeit umerzogen, die ‘Minderwertigen‘ auf Dauer isoliert und schließlich die in der Sprache des Unmenschen als Parasiten bezeichneten Häftlinge am Ende ermordet werden sollten.“

Ab 1934 gestaltete Architekt Bernhard Kuiper das KZ Esterwegen vollständig um. Nach seinen Entwürfen mussten die Häftlinge unter anderem einen Park mit Blockhütte, ein Schwimmbad und ein repräsentatives Haupttor errichten. Ab 1936 entwickelte Kuiper auf einem als Naherholungsgebiet genutzten Forstgelände bei Oranienburg das KZ Sachsenhausen als riesiges „Ideal-Lager“, zu dem auch Kasernen und Siedlungshäuser für die SS gehörten. Es galt als „Musterkonzentrationslager“, in dem SS-Wachmannschaften in großem Umfang ausgebildet und die Deportationen und Tötungsaktionen aller Konzentrationslager organisiert wurden. Zwischen 1936 und 1945 waren im KZ Sachsenhausen mehr als 200.000 Menschen aus mehr als 40 Nationen inhaftiert, mehrere 10.000 Häftlinge kamen ums Leben. Am 22. April 1945 wurde das KZ Sachsenhausen von polnischen und sowjetischen Verbänden befreit. Bernhard Kuiper hatte auch die Bauleitung für andere Lager inne. Er konzipierte unter anderem den Umbau des KZ Flossenbürg und kommandierte 1944 eine SS-Eisenbahn-Baubrigade. Später leugnete er besondere Kenntnisse über die inneren Verhältnisse in den Lagern und wurde 1948 freigesprochen.

Die Ausstellung zeigt anhand von Plänen, Fotos, Objekten und Modellen die Planungen und den Aufbau der Konzentrationslager Esterwegen und Sachsenhausen sowie die Biografie des „Lagerarchitekten“ Bernhard Kuiper, der nach 1945 als freier Architekt in Leer tätig war und 1988 starb. Gezeigt wird auch, wie die Häftlinge den Aufbau der Lager erlebten und unter dem brutalen Arbeitstempo und dem Terror der SS litten.

Die Ausstellung „‘Das schönste Konzentrationslager Deutschlands‘ (Lagerarchitekt Bernhard Kuiper). Vom KZ Esterwegen zum KZ Sachsenhausen“ wurde von der Gedenkstätte und dem Museum Sachsenhausen in Kooperation mit der Gedenkstätte Esterwegen entwickelt. Sie ist bis zum 22. Mai 2016 im Neuen Museum der Gedenkstätte Sachsenhausen zu sehen und wird anschließend in der Gedenkstätte Esterwegen gezeigt.

Die Ausstellung findet im Rahmen des Themenjahres Kulturland Brandenburg 2015 „gestalten – nutzen – bewahren. Landschaft im Wandel“ statt. Insgesamt laufen während des diesjährigen Kulturlandjahres 35 geförderte und zahlreiche weitere assoziierte Projekte mit rund 200 Veranstaltungen an mehr als 35 Orten. Das Kulturministerium unterstützt das Kulturland-Jahr 2015 mit insgesamt knapp 400.000 Euro für Projekte.

Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur fördert die Arbeit der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten in diesem Jahr mit rund 3,5 Millionen Euro.

 

Weitere Informationen: www.stiftung-bg.de

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Datum
23.11.2015
Rubrik
PM