Marmorpalais multimedial
- Erschienen am - PresemitteilungDie Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) hat im Marmorpalais im Potsdamer Neuen Garten neu konzipierte Ausstellungsräume eröffnet. Der Südflügel des Hauses ist nun museal, das heißt: selbstständig zu besichtigen. Die Besuchenden können ohne Wartezeit eintreten und sich mit der Geschichte des Ortes sowie seiner Bewohnerinnen und Bewohner vertraut machen. Ermöglicht wurde die Einrichtung dieses zeitgemäßen Willkommensbereichs durch die großzügige Unterstützung der Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e. V.
Brandenburgs Kulturministerin Dr. Manja Schüle:
„Ein Besuch der Sommerresidenz König Friedrich Wilhelms II. lohnt immer – aber mit den neu konzipierten Ausstellungsräumen noch ein wenig mehr: Digitale Informationsangebote behandeln spannende Aspekte seiner Regierungszeit – von der Rolle der Frauen im Preußen des ausgehenden 18. Jahrhunderts über die Auswirkungen der Französischen Revolution bis zur Geschichte Polens als Schwerpunkt preußischer Expansionspolitik. Die Finanzierung der Multimedia-Schau hat der Verein Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten übernommen – mein herzlicher Dank dafür gilt den überaus engagierten Mitgliedern um die Vereinsvorsitzende Dr. Barbara Schneider-Kempf! Eine aktuelle Studie besagt, dass die heimische Wirtschaft von Schloss- und Museumsbesuchen in erheblichem Maße profitiert. Ein Grund, warum auch das Land der SPSG gemeinsam mit dem Bund und Berlin in diesem Jahr mehr als 90 Millionen Euro für den Erhalt unseres Weltkulturerbes zur Verfügung stellen. Dem Marmorpalais wünsche ich viele interessierte Besucherinnen und Besucher.“
Kulturstaatsminister Dr. Wolfram Weimer:
„Die neu eröffneten Ausstellungsräume des Marmorpalais sind eine echte Bereicherung für den Neuen Garten. Besucherinnen und Besucher können jetzt die Geschichte und Bedeutung dieses einzigartigen Ortes auf zeitgemäße Weise entdecken und dabei auch vieles Wissenswertes über die wechselvolle Geschichte unseres Landes erfahren. Besonders interessant ist der Blick auf die gesellschaftliche Rolle der Frauen im 18. Jahrhundert. Einmal mehr zeigt sich, dass Geschichte nicht nur von großen politischen Ereignissen geprägt wird, sondern auch von persönlichen Geschichten, die von Mut und Veränderungswillen erzählen.“
Der Generaldirektor der SPSG, Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr:
„Das Marmorpalais am Heiligen See scheint uns sehr vertraut zu sein – doch seine Geschichte ist vielfältig. Der Ort ist magisch – entstammt aber einer Zeit der Kriege, Konflikte und Revolutionen. Gebaut wurde er für einen König – ist aber wesentlich von der Gräfin Lichtenau erdacht. Sie stand im engen Austausch mit den großen Künstlerinnen ihrer Zeit, deren Werke das Marmorpalais prägen. Ich danke den Freunden der Preußischen Schlösser und Gärten, dass wir diese Geschichten nun im Marmorpalais erzählen können.“
Zeitraffer
In drei Räumen stehen fortan verschiedene digitale Medien- und Informationsangebote zur Verfügung. Sitzmöbel laden zum Verweilen ein, können aber auch für Veranstaltungen mit kleineren Gruppen mobil eingesetzt werden. Ein fünfminütiger Einführungsfilm lässt im Zeitraffer die wechselvolle Geschichte des königlichen Sommersitzes vom Baubeginn bis in die Gegenwart Revue passieren.
König Friedrich Wilhelm II. von Preußen (1744-1797) ließ das Marmorpalais zwischen 1787 und 1791 erbauen. Antike Skulpturen, italienische Marmorkamine, kostbare Holzfußböden, seidene Wandbespannungen, erlesene Wedgwood-Keramiken und elegante Möbel bilden zusammen mit dem Gebäude ein herausragendes Ensemble des frühen Klassizismus in Mitteleuropa. Historische Ansichten und Pläne, aber auch kaiserzeitliche Fotos, Luftbilder und seltene Archivaufnahmen visualisieren die unterschiedlichen Epochen. Gezeigt wird die Nutzung als königlicher und kaiserlicher Wohnsitz bis zur Einrichtung des Schlossmuseums nach 1918. Doch auch die Zeit nach 1945 wird thematisiert: Zunächst sowjetisches Offizierskasino, wurde hier 1961 das Deutsche Armeemuseum eingerichtet. 1988 begann die Wiederherstellung des von zunehmendem Verfall bedrohten Gebäudes, seit 2006 sind alle 40 Innenräume restauriert und wieder die Öffentlichkeit zugänglich.
Im Ovalen Saal folgt eine zweiteilige Medienstation, die Friedrich Wilhelm II. als Herrscher in einer Zeit vielfältiger Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche verortet. Dargestellt werden etwa die historischen und sozialen Auswirkungen der Französischen Revolution oder die willkürliche Verschiebung nationaler Grenzen. Insbesondere die Geschichte des Nachbarlandes Polens während der Herrschaft Friedrich Wilhelms II. wird als Schwerpunkt preußischer Expansionspolitik behandelt. Mit der dritten Teilung Polens 1795 sollte das Land für mehr als 100 Jahre von der europäischen Landkarte verschwinden und Warschau zu einer Stadt in Preußen werden. Ein Akt machtpolitischer Willkür, der eng mit dem Machtstreben Preußens auf dem europäischen Kontinent verbunden war.
Frauenpower
Die sich verändernde gesellschaftliche Rolle der Frau im ausgehenden 18. Jahrhundert wird an der Medienstation „Frauenpower in Europa“ erläutert. Leitfigur ist hier die langjährige Vertraute des Königs, Wilhelmine Enke, spätere Gräfin Lichtenau (1752-1820). Am Beispiel unterschiedlicher Frauenbiografien werden die eingeschränkten Rechte von Frauen und der von ihnen durch unterschiedliche Strategien verfolgte Anspruch auf Teilhabe und sozialen Aufstieg thematisiert. Wie schwierig es für Frauen war, sich – unabhängig von ihrem gesellschaftlichen Stand – rechtliche oder politische Spielräume zu eröffnen, verdeutlicht die „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ von 1789. Der hier formulierte Grundsatz, eine moderne Ordnung in Europa zu schaffen, schloss Frauen als selbstbestimmte Gesellschaftsgruppe aus. Im Gegenzug verfasste die französische Aktivistin Olympe de Gouges (1748-1793) das politische Manifest „Die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“. Ihre Biografie und der Inhalt ihres 1791 veröffentlichten Manifestes werden in der Medienstation vorgestellt.
Ateliergespräche
Um Frauen geht es auch an einer Hörstation. Zwei bedeutende Porträts von Wilhelmine Enke werden im Rahmen eines Hörspiels vorgestellt. Beide Gemälde befinden sich im Südflügel des Marmorpalais und können während des Audiobeitrags betrachtet werden: Die Berliner Künstlerin Anna Dorothea Therbusch (1721-1782) zeigte Wilhelmine 1776 als junge Frau und Geliebte Friedrich Wilhelms. Das andere Bild entstand 20 Jahre später während eines Italienaufenthaltes. Friedrich Wilhelm II. hatte Wilhelmine diese Reise ermöglicht. In Rom ließ sie sich 1796 von der Malerin Angelika Kauffmann (1741-1807) selbstbewusst und kunstsinnig als künftige Gräfin Lichtenau darstellen. Die beiden Ateliergespräche vermitteln einen lebendigen Eindruck vom Leben Wilhelmines und stellen die beiden Künstlerinnen bei der Vorbereitung des jeweiligen Porträts vor. Auf diese Weise erfährt ist Wissenswertes über die Bildmotive sowie über versteckte persönliche Botschaften zu erfahren.
Neben Deutsch und Englisch werden alle drei Medienangebote auch auf Polnisch zu lesen und zu hören sein. Gäste aus Polen gehören mittlerweile zu den besucherstärksten Gruppen in Brandenburg.
Ihre Ansprechpersonen vor Ort
- Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor, SPSG
- Dr. Manja Schüle, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg
- Barbara Schneider-Kempf, Vorstandsvorsitzende, Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e. V.
- Eva Wollschläger, Kustodin Marmorpalais und Leiterin KPM-Archiv, SPSG
- Matthias Simmich, Schlossbereichsleitung Neuer Garten, SPSG