Land benennt Ansprechpartner für Sinti und Roma
- Erschienen am - PresemitteilungBrandenburg verstärkt seinen Austausch mit Sinti und Roma. Darauf verweist Kulturstaatssekretär Tobias Dünow nach seinem gestrigen Besuch der Gedenkstätte Zwangslager Berlin-Marzahn und zahlreichen zuvor geführten Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der Sinti und Roma:
„Das ehemalige NS-Zwangslager in Marzahn ist ein bedrückender Ort der Verfolgung von Sinti und Roma im Nationalsozialismus, ein Ort der Ausbeutung, ein Ort der Deportation in den Tod. Es ist dem Engagement von Überlebenden wie Otto Rosenberg zu verdanken, dass die dort internierten Menschen als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt wurden – und seiner Tochter Petra Rosenberg, dass dieser Platz heute ein Erinnerungs- und Gedenkort ist. Dass der Völkermord an den Sinti und Roma nicht nur ‘vergessen‘, sondern bis heute aktiv negiert und verdrängt wird, ist nicht nur ein erinnerungspolitischer Skandal. Es geht aber nicht nur um die Geschichte. Es geht auch um den Kampf gegen Diskriminierung in der Gegenwart. Ich freue mich, dass wir eines der ersten Bundesländer sind, das mit Clemens Neumann im Kulturministerium eine Ansprechperson für Sinti und Roma benannt hat. Unsere Verantwortung ist es, an die Gräuel und die jahrhundertelange Ausgrenzung zu erinnern und dafür zu sorgen, dass die Sinti und Roma selbstverständlich dazugehören: zu unserer Gesellschaft, unserer Geschichte, unserer Kultur.“
Petra Rosenberg, Vorsitzende des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg:
„Ich freue mich sehr, dass Staatssekretär Tobias Dünow unserer Einladung zum Besuch der Gedenkstätte gefolgt ist. Der Austausch war ausgesprochen interessiert und offen – ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit. Die Benennung einer Ansprechperson für die Belange der Sinti und Roma im Land Brandenburg ist ein gutes und wichtiges Signal. Ich hoffe, dass es uns gemeinsam gelingt, Vorurteile und Klischees auszuräumen, Diskriminierung entgegen zu wirken, das Miteinander zwischen Mehrheit und Minderheit in unserem Land zu befördern.“
Das Land Brandenburg hat 2018 eine Vereinbarung zur Aufarbeitung, zum Gedenken und zur Zusammenarbeit mit dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg unterzeichnet. Ein Schwerpunkt der Vereinbarung ist die Gedenk- und Antidiskriminierungsarbeit. Die deutschen Sinti und Roma sind neben Dänen, Friesen und Sorben/Wenden als nationale Minderheit in der Bundesrepublik anerkannt. In Brandenburg leben einzelne Angehörige der nationalen Minderheit deutscher Sinti und Roma.
Der Landesverband Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg wurde 1978 in West-Berlin gegründet. Er vertritt die in Berlin und Brandenburg lebenden Sinti und Roma, setzt sich für ihre gesellschaftliche Gleichstellung sowie für die Wahrung ihrer kulturellen Tradition und Eigenständigkeit ein, kämpft gegen Benachteiligung und Diskriminierung und unterstützt die Überlebenden des Nationalsozialismus und ihre Angehörigen in sozialen, entschädigungs- und versorgungsrechtlichen Angelegenheiten. Vorsitzende des Verbandes ist Petra Rosenberg, Tochter des Auschwitz-Überlebenden und Gründers des Verbandes Otto Rosenberg.
Die Verfolgung der Sinti und Roma intensivierte sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten: Sie fielen wie die Juden unter die diskriminierenden Bestimmungen der ‘Nürnberger Rassengesetze‘ von 1935. Es folgten Verordnungen zur Kennzeichnung der Sinti und Roma, die Ausgabe von Rasseausweisen, Zwangsumsiedlungen und die Einrichtung von zentralen Stellen zur Vorbereitung der Transporte in die Vernichtungslager. Bereits 1936 wurde im Vorfeld der Olympiade in der Region Berlin-Brandenburg das Zwangslager Marzahn errichtet, in das ganze Familien verschleppt wurden. Am 16. Dezember 1942 unterzeichnete der Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, den sogenannten Auschwitz-Erlass. Damit begann die Deportation von Sinti und Roma in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Insgesamt wurden im besetzten Europa rund 500.000 Sinti und Roma durch Einsatzgruppen der SS oder in Konzentrationslagern, darunter auch Ravensbrück und Sachsenhausen, ermordet. Seit 2004 wird in der Gedenkstätte Sachsenhausen die Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma im Rahmen der Dauerausstellung ‘Medizin und Verbrechen‘ dokumentiert.