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Neue Bauhaus-Bewegung im Zeichen des Klimaschutzes

- Erschienen am 17.09.2021 - Presemitteilung 289
Bauhaus der Erde

Das Land Brandenburg baut mit am „Bauhaus der Erde“: Manja Schüle, Landesministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, hat heute gemeinsam mit dem renommierten Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber und dem Parlamentarischen Staatssekretär bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Florian Pronold den Grundstein für eine strategische Partnerschaft mit der „Bauhaus der Erde“ gGmbH gelegt. Diese von Schellnhuber und Marc Weissgerber ins Leben gerufene Initiative sieht sich als Keimzelle einer globalen Bewegung mit dem Ziel, die gebaute Umwelt in den nächsten Jahrzehnten nachhaltig zu transformieren.

„Ohne radikale Bauwende auf Basis einer bio-basierten Kreislaufwirtschaft wird das Pariser Klimaabkommen scheitern“,

so Prof. Dr. Dr. Hans Joachim Schellnhuber, Initiator und Co-Geschäftsführer des „Bauhaus der Erde“ und Gründer und früherer Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung. Im Engagement des Landes Brandenburg sieht er einen Erfolg für den Klimaschutz.

„Was wäre, wenn Walter Gropius und seine Mitstreiter sich plötzlich in der Welt von heute wiederfänden? Mit Sicherheit würden sie die planetare ökologische Krise ins Zentrum ihres Schaffens rücken. Von den meisten zeitgenössischen Kunstschulen und Architekturfakultäten, die sich gerne auf die Bauhausprotagonisten berufen, können wir das leider noch nicht sagen. Das wollen wir ändern – mit einer zweiten Bauhaus-Bewegung im Geiste der ursprünglichen Idee. Diesmal mit bewusst ökologischem Anspruch und von Brandenburg aus.“

Das Land Brandenburg unterstützt das Projekt und will die „Bauhaus der Erde“ gGmbH ab 2022 mit jährlich 500.000 Euro fördern. Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle:

„Der Klimaschutz ist die zentrale Aufgabe für die Politik der kommenden Jahre. Bislang reden wir viel zu wenig über klimafreundliches Bauen, über klimafreundliche Städte. Deshalb finde ich die Idee des „Bauhaus der Erde“ so bestechend. Es ist allerhöchste Zeit, unterschiedliche Disziplinen, unterschiedliche Perspektiven zusammen zu denken, so wie es das Bauhaus vor über 100 Jahren getan hat. Potsdam ist mit seiner Klimaforschungs-Kompetenz dafür der perfekte Standort. Und Professor Schellnhuber, der schon das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung aufgebaut und zu Weltruhm geführt hat, ist der perfekte Gründer.“

Für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit begrüßt der Parlamentarische Staatssekretär, Florian Pronold, die Initiative.

Das "Bauhaus der Erde", so Pronold, werde einen signifikanten Beitrag zur Transformation und zu mehr Klimaschutz im Gebäudebereich leisten. Pronold weiter: „Holz ist ein wichtiger Bestandteil für die Bauwende, um die Klimaziele im Gebäudesektor erreichen zu können. Daher begrüße ich die Initiative. Das "Bauhaus der Erde" wird einen signifikanten Beitrag zur Transformation und zu mehr Klimaschutz im Gebäudebereich leisten. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit unterstützt diesen innovativen Ansatz.“

Mit der Unterstützung von Bund und Land Brandenburg wird auch der Dynamik Rechnung getragen, die vom „New European Bauhaus“-Vorhaben der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ausgeht, die dazu direkt von Schellnhuber beraten wird. „Für die grüne Bauhaus-Bewegung des 21. Jahrhunderts ist das eine Art Urknall“, sagt der Gründer und frühere Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung Schellnhuber. Die zugesagte staatliche Ko-Finanzierung bezeichnet der Physiker als „kritische Bewegungsenergie“ für seine Initiative zur weltweiten Bauwende in Richtung organischer Architektur und polyzentrischer Raumgestaltung.

Für die Gründungsphase hatte die „Bauhaus der Erde“ gGmbH bereits Mittel von der internationalen „Laudes Foundation“ erhalten. Nun will Schellnhuber zusammen mit dem Ko-Geschäftsführer Philipp Misselwitz – vormaliger Direktor des Architekturinstitutes der Technischen Universität Berlin – das „Bauhaus der Erde“ rasch zu einer weltweit bedeutsamen Größe in den relevanten Feldern entwickeln. In den kommenden Jahren sollen mindestens 50 Wissenschaftler*innen, Baufachleute und Kreative das Projekt mit Sitz in Potsdam voranbringen.

In Anlehnung an die legendäre Bauhaus-Bewegung des 20. Jahrhunderts will das „Bauhaus der Erde“ ganzheitlich denken, experimentieren und wirken, um die intellektuelle Grundlage für die überfällige Transformation der gebauten Umwelt zu schaffen. Es will insbesondere einen breiten gesellschaftlichen Diskurs anstoßen, der eine neue Vision des Gebauten entlang der Achsen Nachhaltigkeit, Teilhabe und Schönheit hervorbringt. Dabei soll das „Bauhaus der Erde“ zugleich Triebfeder für Innovationen im Bausektor und Ansporn für die Politik sein.

Zunächst wird dieses kulturelle Ökosystem aus Think Tank, Innovationslab und Netzwerk bestehen. Neben relevanten Forschungsprojekten will das „Bauhaus der Erde“ konkrete Demonstrations- und Testprojekte für biobasierte Architektur, sozial-ökologischen Stadtumbau und regenerative regionale Wertschöpfungsketten in Deutschland und weltweit auf den Weg bringen.   

Prof. Dr. Philipp Misselwitz, Co-Geschäftsführer vom „Bauhaus der Erde“: „Das Bauhaus der Erde will keine rein akademische Institution werden, sondern vor allem konkrete Reallabore initiieren, in denen mit allen Akteuren gemeinsam die Innovationen im Denken und Handeln entstehen, die wir für einen erfolgreichen sozial-ökologischen Umbau unserer Kommunen und urbanisierten Regionen dringend brauchen.“

Weitere Informationen finden Sie unter www.bauhausdererde.org  sowie in den FAQs.  

FAQ zum Bauhaus der Erde

Worum geht es beim „Bauhaus der Erde”?

In Anlehnung an die Bauhaus-Bewegung des 20. Jahrhunderts will das „Bauhaus der Erde“ die gebaute Umwelt ganzheitlich in den Blick nehmen und damit die intellektuelle Grundlage für eine Transformation des Sektors schaffen. Letztlich geht es um die Frage: Wie können wir die gebaute Umwelt in Zukunft ökologisch nachhaltig, sozial gerecht und ästhetisch ansprechend gestalten? Eine Bauwende, die Stahlbeton durch organische Materialien ersetzt, könnte beispielsweise nicht nur große Mengen klimaschädlicher Emissionen vermeiden, sondern sogar eine bedeutende CO2-Absenkung schaffen. Dadurch könnte ein Teil der historischen Emissionen wiedergutgemacht werden. Unsere Zivilisation würde sich quasi ein Stück weit aus der Klimakrise herausbauen. Den Initiatoren geht es dennoch um mehr als das Klima, denn im Mittelpunkt steht der Mensch. Das „Bauhaus der Erde“ versteht sich deshalb als Motor einer Bürgerbewegung, die ein neues Narrativ der Moderne in Bezug auf die gebaute Umwelt hervorbringt und geltend macht. Die Vision: ein Siedlungswesen, das regenerativ, polyzentrisch, digital, inklusiv und schön ist.

Was ist das Problem?

Das Pariser Klimaabkommen von 2015 hat völkerrechtlich festgelegt, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen. Inzwischen beträgt der globale Temperaturanstieg jedoch bereits 1,25 Grad. Die Gefahr einer “Heiß-Zeit” mit dramatischen Folgen für die Menschheit wächst weiter. An einer Großen Transformation, also der völligen Abkehr vom fossilen Wirtschaften (“Dekarbonisierung”) bis 2050, führt aus Sicht der Klimaforschung kein Weg vorbei. Um die Erderwärmung zu begrenzen, braucht es darüber hinaus die Stärkung der natürlichen Kohlenstoffsenken (insbesondere Wälder, die über die Photosynthese CO2 aus der Atmosphäre binden) und die Schaffung artifizieller Kohlenstoffsenken (organische Städte und Infrastrukturen, die CO2 über Jahrhunderte sicher speichern).

Welche Rolle spielt der Bausektor? 

Durch Errichten, Nutzen und Rückbau von Konstrukten ist der Bausektor für rund 40 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Etwa 11 Prozent der globalen Emissionen gehen direkt auf das Konto der Betonproduktion. Das ist knapp der fünffache Klimaeffekt des gesamten Flugverkehrs. Bislang wurde der Faktor gebaute Umwelt in der Klimagleichung nicht angemessen berücksichtigt. Hans Joachim Schellnhuber spricht in diesem Zusammenhang vom „Elefanten im Klima-Raum“.

Welche Ziele verfolgt das „Bauhaus der Erde“?

Das „Bauhaus der Erde“ verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der ökologische und soziale Ziele verbindet. Als Keimzelle einer globalen Bewegung will das „Bauhaus der Erde“ die gebaute Umwelt nachhaltig transformieren. Zu den zentralen Elementen der geforderten Bauwende gehören Wiederaufforstung degradierter Flächen, Wiederbefeuchtung von Moorflächen, nachhaltige Forstwirtschaft und die Nutzung der nachwachsenden Rohstoffe für Renovierungen und den Bau neuer Häuser und Städte. Das alles geschieht im Kontext eines ganzheitlichen Narrativs, das eine neue Baukultur fördert, die zugleich menschenwürdig, ökologisch nachhaltig und ästhetisch ist. An einer neuen architektonischen Epoche führt aus Sicht der Initiatoren kein Weg vorbei. Dabei will das „Bauhaus der Erde“ zugleich Triebfeder für Innovationen im Bausektor und kritischer Partner für die Politik sein. Zunächst wird die Initiative aus einem Think Tank, Innovationslab und Netzwerk bestehen. Auch Demonstrationsprojekte organischer Architektur sind Teil der Strategie. 

Wer steckt dahinter?

Gut 100 Jahre nach Gründung des Bauhauses von Weimar hat der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber zusammen mit Marc Weissgerber, dem früheren Geschäftsführer von Climate-KIC und Veolia Deutschland, und rund 20 Persönlichkeiten das „Bauhaus der Erde“ ins Leben gerufen. Startschuss war die gemeinsame Unterzeichnung der „Erklärung von Caputh” im Dezember 2019. Zum Initiativkreis gehören neben dem Präsidenten des Umweltbundesamts, Prof. Dirk Messner, und der Architektin Annette Hillebrandt von der Bergischen Universität Wuppertal unter anderem auch Staatsministerin Monika Grütters, Berlins Bausenatorin Regina Lüscher, Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle und der Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur, Andreas Kuhlmann. Die Europäische Kommission hat die Idee vom „Bauhaus der Erde“ mit dem „New European Bauhaus“ bereits aufgegriffen. Für die Aufbauphase hat das deutsche „Bauhaus der Erde“ jetzt eine Förderung in Höhe von 2,5 Millionen Euro von der „Laudes Foundation“ erhalten. Die „Laudes Foundation“ ist eine neue Stiftung mit dem Ziel, den Übergang zu einer klimapositiven und gerechten Weltwirtschaft zu beschleunigen. 

Was unterscheidet das „Bauhaus der Erde“ von anderen Initiativen für nachhaltiges Bauen?

Inzwischen gibt es zahlreiche wichtige Ansätze und innovative Lösungen für nachhaltiges Bauen. Was aus Sicht der neuen Bauhaus-Bewegung bislang fehlt, ist neben einer gemeinschaftlichen und flächendeckenden Strategie ein integrales und überzeugendes Narrativ, also eine Erzählung, die Politiker, Unternehmerinnen, Architekten, Designerinnen, Künstler, Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen inspiriert und zum Handeln bewegt. Diese will das „Bauhaus der Erde“ in der Tradition des historischen Bauhauses entwerfen und verbreiten. Dadurch soll ein gesellschaftlicher Diskurs angestoßen werden, der die gebaute Umwelt unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts als „Gesamtkunstwerk” betrachtet – unter Berücksichtigung von demographischen Entwicklungen, Umweltveränderungen, sozialen Verwerfungen, kulturellen Dynamiken sowie digitalen und anderen disruptiven Innovationen.

Wie könnte die gebaute Umwelt in Zukunft aussehen?

Während sich die “moderne” Architektur nach dem Zweiten Weltkrieg immer stärker am Maschinellen orientierte, sollte sich die gebaute Umwelt in Zukunft eher am Vorbild des Organischen/Natürlichen ausrichten. Vielleicht werden sich gegen Ende des 21. Jahrhunderts bestimmte Urbanisationen materiell und strukturell kaum noch von Ökosystemen unterscheiden. Immerhin hat die Evolution rund 500 Millionen Jahre gebraucht, um den Baum zu erfinden und zu optimieren. Sein “Fleisch” (das Holz) hat daher überragende Materialeigenschaften, sein “Skelett” (Wurzelwerk, Stamm und Krone) einzigartige Systemeigenschaften. Diese und andere Eigenschaften lebendiger Wesenheiten gilt es für das Bauwesen zu entdecken und nachhaltig zu nutzen.

Gibt es einen Haken?

Feuer, Sturm, Termiten – für all das hält die moderne Holzverarbeitung inzwischen zahlreiche Ansätze bereit. Auch Hochhäuser lassen sich heute schon problemlos organisch konstruieren, zum Beispiel aus Brettsperrholzelementen (“cross-laminated timber”). Wenn man die richtigen Materialien und Techniken einsetzt, sind Holzgebäude zudem wesentlich erdbebensicherer als Stahlbeton-Konstrukte. Auch im Kostenbereich liegt der Bau mit organischen Materialien fast schon auf gleichem Niveau wie konventionelles Bauen. Und was ist mit dem Naturschutz? Am klimaangepassten Waldumbau und der Wiederaufforstung degradierter Flächen führt aus Sicht der Umweltforschung ohnehin kein Weg vorbei. Auf der Basis nachhaltiger Forstwirtschaft können organische Materialien produziert und im Baubereich genutzt werden. Hingegen müssen artenreiche Primärwälder konsequent geschützt und von der Verwertung ausgenommen werden.

Weitere Informationen und Links unter www.bauhausdererde.org 

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Ident-Nr
289
Datum
17.09.2021
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