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19 Millionen Euro für sorbische/wendische Projekte

- Erschienen am 16.07.2021 - Presemitteilung 182
Sorbische Flagge ©Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Aus Bundesmitteln für den Strukturwandel in Kohleregionen werden ab 2022 innerhalb von zehn Jahren insgesamt 19 Millionen Euro für sechs sorbische/wendische Projekte im Land Brandenburg bereitgestellt. Der Landesbeauftragte für Angelegenheiten der Sorben/Wenden, Wissenschafts- und Kulturstaatssekretär Tobias Dünow, hat heute gemeinsam mit Hauke Bartels, Direktor des Sorbischen Institutes, Pětr Brězan, Vorsitzender des Sorbischen Kulturtourismus e.V., Sabine Sieg, stellvertretende Direktorin der Stiftung für das sorbische Volk, sowie Frank Kossick, Projektmanager der Domowina Niederlausitz Projekt gGmbH, bei einem Pressegespräch im Heimatmuseum Dissen / Domowniski muzej Dešno (Landkreis Spree-Neiße / Wokrejs Sprjewja-Nysa) die geförderten Projekte präsentiert.

Der Landesbeauftragte für Angelegenheiten der Sorben/Wenden, Tobias Dünow:

„Sorbische/wendische Kultur, Sprache und Traditionen sind ein außergewöhnlicher Reichtum in und für Brandenburg und zentraler Bestandteil der Identität der Lausitz. Ich freue mich, dass wir in den kommenden zehn Jahren dank der Bundesmittel für den Strukturwandel in Kohleregionen sechs großartige Projekte fördern können, die nicht nur helfen, Kultur und Mehrsprachigkeit zu sichern und weiterzuentwickeln – sondern die auch maßgeblich die Lausitz voranbringen und die Strahlkraft dieser großartigen Region verstärken. Wir wissen: Für einen gelingenden Strukturwandel brauchen wir wegweisende Innovationen, exzellente Forschung, gut ausgebildete Fachkräfte, attraktive Arbeitsplätze. Aber das reicht nicht. Wir brauchen etwas, das diese einzigartige Region Lausitz vereint und zusammenbringt. Ich bin überzeugt: Wir brauchen die Sorben/Wenden. Nicht als folkloristisches Anhängsel. Sondern als vitale und lebendige Gruppe, die den Strukturwandel sicht- und erlebbar begleitet und ihn als zentraler Akteur mit voranbringt. Dafür stehen die geplanten Vorhaben zur Transformations- und Minderheitenforschung, zur digitalen Sicherung des kulturellen Erbes, zur Revitalisierung der niedersorbischen Sprache oder zur Entwicklung neuer Ideen für Tourismus – und Kreativwirtschaft. Ich freue mich jetzt schon auf die Projekte und die Impulse, die von ihnen ausgehen werden.“

Hauke Bartels, Direktor des Sorbischen Instituts:

Mit der neuen Abteilung für Regionalentwicklung und Minderheitenschutz und dem Digitalen Lausitzatlas der sorbischen/wendischen Kultur können wir Forschungsprojekte, die sich mit dem Kulturerbe im weitesten Sinn beschäftigen, zusammenführen und systematisch fortsetzen. Die wissenschaftlichen Begleitstudien und Projektergebnisse des Sorbischen Instituts kommen der Region direkt zugute. Der Digitale Lausitzatlas, den ich mir perspektivisch auch gut als interaktive App vorstellen kann, soll nicht nur Wissen über Denkmäler, Bräuche und Feste sowie Persönlichkeiten des jeweiligen Ortes vermitteln, sondern auch über sorbisches Schrifttum, Geschichte, typische Eigennamen und andere sichtbare Elemente dieser besonderen Sprachlandschaft informieren – in Bild, Wort, Audio und vielleicht auch Video.“

Frank Kossick Projektmanager der Domowina Niederlausitz Projekt gGmbH:

„Sorben/Wenden sind nicht nur Trachten für Touristen. Wir bringen uns aktiv in den Strukturwandel ein. Mit der Gründung der Domowina Niederlausitz Projekt gGmbH haben wir selbst Strukturen geschaffen, mit denen wir Vorhaben zur wirtschaftlichen Inwertsetzung unseres sprachlichen und kulturellen Kapitals umsetzen können. Damit zeigen wir der Region: Sorben/Wenden haben etwas zu geben und wir haben die Kraft dazu, dies aus der Region, unserer gemeinsamen Lausitz heraus zu tun. Mit den Mitteln des Bundes können Modellprojekte aufgebaut und erprobt werden, die dann langfristig verstetigt werden und sich selbst tragen sollen.“

Pětr Brězan, Vorsitzender des Sorbischen Kulturtourismus e.V.:

Durch die Stärkung des sorbischen/wendischen Kulturtourismus wird das Alleinstellungsmerkmal der Lausitz eine noch zentralere Rolle spielen. Kultourtouristische Angebote tragen nicht nur zur Wertschöpfung bei. Sie vermitteln die Einzigartigkeit unserer Region an Gäste, Neu-Lausitzerinnen und -Lausitzer und Einheimische und stärken die Attraktivität der Region.“

Sabine Sieg, stellvertretende Direktorin der Stiftung für das sorbische Volk:

„Das Motto des Łužycafilm|Sorbisch-deutschen Filmnetzwerkes lautet: Filme über uns nicht ohne uns! Die Filmschaffenden aus der Region sind die authentischen Botschafterinnen und Botschafter der Lausitz. Unsere Region im Wandel hat viele spannende Geschichten zu erzählen. Mit einer Professionalisierung und Verstetigung unseres Filmnetzwerkes ist es möglich, nicht nur diese Geschichten zu erzählen und den Strukturwandel zu begleiten, sondern auch nachhaltig kreativwirtschaftliche Strukturen in der Region zu stärken.“

Die einzelnen Vorhaben:

Sorbisches Institut I: Erweiterung um eine Abteilung für Regionalentwicklung und Minderheitenschutz – rund 6,2 Millionen Euro
Das Sorbische Institut ist die größte außeruniversitäre sozial- und kulturwissenschaftliche Forschungsstätte in der Lausitz. Ziel des geförderten Projekts ist der Aufbau zusätzlicher Kapazitäten für Forschung, Projektentwicklung und -umsetzung. Die neue Abteilung für ‘Regionalentwicklung und Minderheitenschutz‘ wird ein Kompetenzzentrum für Transformations- und Minderheitenforschung sowie Praxistransfer und Regionalforschung, Sozialanalyse sowie Wissensaufbereitung und -vermittlung betreiben. Weitere Informationen: www.serbski-institut.de

Sorbisches Institut II: Digitales Portal zu sorbischen und Lausitzer Sprach- und Kulturlandschaften – rund 5,5 Millionen Euro
Das sprachliche und kulturelle Erbe der wendischen Sprach- und Kulturlandschaften wird digital gesichert, dokumentiert sowie sicht- und nutzbar gemacht. Davon profitieren die Kulturarbeit von Vereinen, die kulturelle Bildung, der Kulturtourismus sowie die Kultur- und Kreativwirtschaft. Dabei wird die Expertise aus laufenden Pilotvorhaben, etwa dem Projekt ‘Digitales Informationsportal zu sorbischen Sprachlandschaften – Konzeption und Erarbeitung eines Prototyps am Beispiel der Sprachlandschaft Schleife‘, genutzt.

Domowina Niederlausitz Projekt gGmbH I: Masterplan zur Revitalisierung der niedersorbischen Sprache – rund 3,8 Millionen Euro
Die Revitalisierung der niedersorbischen Sprache wird unterstützt. Dafür sind Maßnahmen auf sprach-, sozial- und kulturwissenschaftlicher Grundlage geplant, zum Beispiel die wissenschaftliche Bestandsaufnahme und die Formulierung eines Masterplans mit Handlungsansätzen für Staat, Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft. Damit insbesondere Erwachsene Niedersorbisch effektiv erlernen können, werden innovative Methoden aus anderen Minderheiten-Regionen der Welt an Lausitzer Verhältnisse angepasst und erprobt. Ziele sind die Qualifizierung von Nachwuchskräften für wendischsprachige Berufe sowie die Reintegration der Sprache in familiäres Umfeld und regionalen Alltag. Nur so bleibt das zweisprachige Potenzial der Lausitz auch authentisch erhalten und nutzbar. Weitere Informationen: www.zorja.org

Domowina Niederlausitz Projekt gGmbH II: Inwertsetzung des immateriellen Kulturerbes im deutsch-slawischen Kontext – rund 2,7 Millionen Euro
Das Potenzial des sorbischen/wendischen materiellen und immateriellen Kulturerbes soll besser ausgeschöpft werden, um z.B. den Kulturtourismus als Wirtschaftsfaktor zu stärken. Dafür setzt die Domowina Niederlausitz Projekt gGmbH in Kooperation mit dem Sorbischen Institut und dem Arbeitskreis Lausitzer Museenland Projekte auf dem Gebiet der Dokumentation des immateriellen Kulturerbes und dessen kulturtouristischer Inwertsetzung um. Die Lausitzer Kultur- und Kreativwirtschaft wird einbezogen, um etwa mit Museen, Vereinen und Bildungsstätten neue Angebote zu entwickeln und das Sorbische/Wendische in Marketingstrategien einzubinden. Ziel ist es, ein breites Netzwerk für einen attraktiven Kulturtourismus in der Lausitz zu etablieren. Weitere Informationen: www.inwertsetzung-lausitz.de

Sorbischer Kulturtourismus e.V.: Modellprojekt zum Ausbau des Sorbischen Kulturtourismus – rund 420.000 Euro
Um die Arbeit des länderübergreifend tätigen Vereins Sorbischer Kulturtourismus e.V. in der Niederlausitz zu stärken, erhält dieser zehn Jahre lang eine Grundfinanzierung für den Aufbau tragfähiger Strukturen in Brandenburg. Der Verein wird insbesondere Anbieter*innen unterstützen, die im sorbischen/wendischen Raum bisher noch nicht aktiv waren, und dabei helfen, hochwertigere touristische Angebote zu entwickeln. Zu den geplanten Vorhaben zählt der qualitative und quantitative Ausbau der Themenradroute ‘Serbske impresije – Sorbische Impressionen‘. Weitere Informationen: www.tourismus-sorben.com

Stiftung für das sorbische Volk: Aufbau des sorbisch-deutschen Filmnetzwerkes ‘Łužycafilm‘ – rund 420.000 Euro
Es gibt viele filmreife Themen in der Lausitz: Das Mit- und Nebeneinander verschiedener Kulturen, Heimatverlust und Identität, wirtschaftlicher und ökologischer Wandel. Doch trotz kreativer Lausitzer Filmemacher*innen ist das regionale, insbesondere sorbische/wendische Filmschaffen national und international unterrepräsentiert. Um als Wirtschaftsregion zu bestehen, werden Image und Vermarktung immer wichtiger. Mit dem Aufbau des sorbisch-deutschen Filmnetzwerkes ‘Łužycafilm‘ wird der Aufbau einer leistungsstarken mittelständischen Filmwirtschaft in der Lausitz unterstützt. Weitere Informationen: http://luzyca-film.de

Hintergrund:

Die Mittel für die sechs geförderten, sorbischen/wendischen Projekte kommen aus Bundesmitteln für den Strukturwandel in Kohleregionen und werden vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zur Verfügung gestellt. Im 2020 in Kraft getretenen Bundesinvestitionsgesetz Kohleregionen sind ‘Maßnahmen zur Förderung der Bewahrung und Fortentwicklung der Sprache, Kultur und Traditionen des sorbischen Volkes als nationaler Minderheit‘ festgeschrieben. Zuvor hatte das Brandenburger Kulturministerium mit sorbischen/wendischen Akteur*innen Konzepte zur Entwicklung sorbischer Strukturwandelprojekte entwickelt. Mit dem Bundesgesetz sollen in der Lausitz sowohl die Folgen des Ausstiegs aus der Kohleverstromung abgemildert als auch Kohleregionen hervorragende Zukunftschancen erhalten. Hierfür erhalten die Braunkohleregionen bis zum Jahr 2038 Finanzhilfen in Höhe von 14 Milliarden Euro – davon sollen 6 Milliarden Euro in die Lausitz fließen.

 

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Ident-Nr
182
Datum
16.07.2021
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