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Brandenburg ist Bioökonomieland – Pressefahrt von Klimaschutzminister Vogel und Forschungsministerin Schüle

- Erschienen am 15.11.2021 - Presemitteilung 346
Bioökonomie ©dpa Fabian Sommer

Forschungsministerin Dr. Manja Schüle und Klimaschutzminister Axel Vogel haben heute im Rahmen einer Pressefahrt herausragende Bioökonomie-Akteure des Landes besucht und sich über Forschen und Wirtschaften mit Bio-Ressourcen informiert.

Forschungsministerin Manja Schüle:

„Brandenburg ist das Land der Bioökonomie. Nirgendwo sonst in Deutschland gibt es so viel Kompetenz in Forschungseinrichtungen und Hochschulen. Bioökonomie heißt: von der Natur lernen, in Kreisläufen denken. Die Bioökonomie-Forschung trägt dazu bei, fossile und mineralische Ressourcen zu ersetzen, und stattdessen neuartige, umweltverträgliche und ressourcenschonende Produkte und Dienstleistungen auf der Basis biologischer und nachhaltiger Rohstoffe zu entwickeln. Mehr als ein Drittel der außeruniversitären Forschungseinrichtungen und fünf der im Land ansässigen Hochschulen forschen zu Themen der Bioökonomie. Aber es ist nicht die Forschung allein, es ist der direkte Transfer in und die Kooperation mit Unternehmen in Brandenburg, die uns auszeichnet. Denn an dieser Schnittstelle entstehen die Innovationen, die für einen Umbau in eine nachhaltige Wirtschaft so dringend gebraucht werden. Das zeigt eindrücklich: Brandenburg kann Bioökonomie und hier wird Zukunft gemacht.“

Klimaschutzminister Axel Vogel:

„Der Klimawandel mit seinen Folgen und die Übernutzung natürlicher Ressourcen stellen uns vor gesellschaftliche Herausforderungen, die es in dieser globalen Dimension und Dringlichkeit noch nicht gegeben hat. Das Klimaschutzministerium erarbeitet deshalb den Klimaplan, die Klimaanpassungsstrategie, und den Ökoaktionsplan. Eine der zentralen Aufgaben besteht auch im Wandel der vorrangig fossilbasierten in eine weitestgehend biobasierte Wirtschaft – der Bioökonomie. Das nachhaltige und, im besten Fall, regionale Wirtschaften mit biobasierten Ressourcen verbindet regionale Wertschöpfung mit Klima- und Umweltschutz und ist somit ein weiterer Baustein in der Bewältigung der globalen Herausforderungen. Wir haben noch viele – zum Teil ungenutzte und nachhaltige – Rohstoffe und reichlich Know-how in Brandenburg. Beides wollen wir konsequent erschließen. Davon profitieren Umwelt und Klima ebenso wie die Menschen und die Wirtschaft.“

Die erste Station Pressefahrt stand im Zeichen der Forschung: Das im Jahr 1992 gegründete Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm ist ein Leuchtturm der Bioökonomie in Brandenburg. Dabei forscht das Fraunhofer IAP an Verfahren, wie hochleistungsfähige Kunststoffe auf Basis nachwachsender Ressourcen umweltschonend hergestellt werden können. Die Erkenntnisse werden dann in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen direkt in die Anwendung überführt. So finden die am Fraunhofer IAP entwickelten Materialien schon heute Anwendung im Bereich bioabbaubarer multifunktionaler Agrarfolien oder beim Bau von Windkraftanlagen, Wasserstoffspeichern oder Leichtbaukomponenten im Fahrzeugbau. Am Fraunhofer IAP arbeiten rund 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bund und Länder finanzieren die Einrichtung jährlich mit rund 12,7 Millionen Euro.

Anschließend besuchten Ministerin Schüle und Minister Vogel den neuen Leibniz-Innovationshof des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) am Standort der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. in Groß Kreutz (Landkreis Potsdam-Mittelmark). In den kommenden fünf Jahren entsteht hier ein „Schaufenster der Bioökonomie“. Der Modellbetrieb soll sowohl die Erprobung notwendiger Innovationen im Praxismaßstab als auch den direkten Dialog mit Unternehmen, Politik und Gesellschaft ermöglichen. Hier übergab Ministerin Schüle einen Förderbescheid in Höhe von 25 Millionen Euro zum Aufbau des Leibniz-Innovationshofes. An der Konzeption sind zahlreiche Leibniz-Einrichtungen und Hochschulen beteiligt. Am 1992 gegründeten ATB arbeiten rund 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bund und Länder finanzieren die Einrichtung jährlich mit rund 14,7 Millionen Euro.

Ministerin Manja Schüle:

„Wir stellen zusätzlich 25 Millionen Euro aus Mitteln des Zukunftsinvestitionsfonds für den schnellen Baustart des Leibniz-Innovationshofes für nachhaltige Bioökonomie bereit. Damit soll ein bundesweit einzigartiger Modellbetrieb für eine nachhaltige Bioökonomie mit Landwirtschaft und Bioraffinerie entstehen. Der Leibniz-Innovationshof soll zukunftsweisende und gleichzeitig praktikable Ansätze einer klimafreundlichen und nachhaltigen Biomasseerzeugung und -nutzung demonstrieren und allen Interessierten offenstehen. Dieses Transferzentrum ist mehr als ein wissenschaftliches Schaufenster – es gewährt einen Blick in die Zukunft.“

In Groß Kreutz besichtigten Ministerin Schüle und Minister Vogel auch die im Jahr 1992 gegründete Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. (LVAT), an der unter dem Motto ‘Aus der Praxis für die Praxis‘ landwirtschaftliche Produktionsverfahren untersucht und praktisch anwendbare Ergebnisse aus der Tierhaltung gezeigt werden. Dabei kooperiert die Lehr- und Versuchsanstalt intensiv mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen, wie Universitäten, Fachhochschulen und Instituten sowie Zuchtverbänden. So geht dem Aufbau des Leibniz-Innovationshofes an diesem Standort eine schon lange eingeübte und erfolgreiche Zusammenarbeit von Praxis und Forschung voraus. Aktuell arbeitet die LVAT mit ihren 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Aufbau der „Ställe der Zukunft“, in denen gezeigt wird, wie mehr Tierwohl und Umweltschutz in der Rinderhaltung gelingen kann. Dieses Vorhaben wird das Landwirtschafts- und Klimaschutzministerium mit Mitteln aus dem Zukunftsinvestitionsfonds fördern.

Im Anschluss ging es zum sozial-ökologischen Wohnprojekt „wurzeln & wirken e. V.“ nach Wustermark (Landkreis Havelland), das bauplanerisch vom Architektur- und Planungsbüro STROH unlimited betreut wurde. Das Wohnprojekt bietet auf mehr als 600 Quadratmetern Wohnraum für 25 Personen. Das Besondere: Beim Bau des Gebäudes wurde zu Ballen gepresstes Stroh verwendet. Dadurch wird Kohlenstoffdioxid aus der Luft langfristig gebunden, statt, wie bei anderen Bauweisen, zusätzlich emittiert zu werden. Der zugelassene Baustoff kommt ohne chemische Zusätze aus, ist feuchtigkeitsregulierend und erreicht eine hohe Dämmwirkung. Es schafft somit ein angenehmes Raumklima. Bei dem Wohnprojekt wurden rund 20 Tonnen Stroh aus dem nahegelegenen Staaken verbaut. Wie oft bei Strohballenhäusern waren nicht nur regionale Handwerksbetriebe, sondern auch die zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner selbst und weitere Interessierte bei der Umsetzung vor Ort beteiligt. In einem Workshop auf der Baustelle lernten sie, mit dem Baustoff Stroh umzugehen.

Als zweites Praxisbeispiel stellte sich in Wustermark die Hermetia Baruth GmbH aus Baruth/Mark (Landkreis Teltow-Fläming) vor. Als erste industrielle Insektenfarm Deutschlands verarbeitet das Unternehmen jährlich rund 300 Tonnen der Schwarzen Soldatenfliegenlarven zu hochwertigem Insektenmehl und -fett. Die Larven dieser Fliegen eignen sich hervorragend für den Ersatz von anderen tierischen Komponenten im Tierfutter. Die Larven besitzen einen hohen Anteil an Proteinen und gesättigten Fettsäuren. Zudem vermehren sich die kleinen Fliegen schnell. Für die Produktion werden die kurz vor der Verpuppung stehenden Larven getrocknet und mechanisch in eine Protein- und eine Fettfraktion geteilt. Die regional verfügbaren Soldatenfliegen ersetzen importiertes Soja und Fischmehl als Bestandteil in Haustierfutter. Das Mehl eignet sich auch als Futtermittel für Schweine, Hühner und Aquakulturen. Da eine ressourcenschonende und günstige Verwertung von organischen Reststoffen allerdings gesetzlich nicht erlaubt ist, sind die Kosten für das Futtermittel für die Insekten bislang noch sehr hoch. Aktuelle Machbarkeitsstudien zeigen, dass aus dem Insektenfett außerdem Biodiesel und Biokerosin hergestellt werden kann. Auch ein zukünftiger Einsatz als Biotensid wird derzeit untersucht.

Minister Axel Vogel:

„Bauen mit Holz und Stroh, biobasierte Kunststoffe, Proteine aus Fliegenlarven oder auch Kaskadennutzung von Reststoffen: das ist spannende Bioökonomie `made in Brandenburg´, die zudem ganz im Sinne des Europäischen Green Deals zur Klimaneutralität beitragen wird und zudem die regionale Wertschöpfung fördern kann. Dafür arbeiten Forschung und Praxis im engen Schulterschluss, wie schon die Erarbeitung und Veröffentlichung der Broschüre „Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg“ gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium deutlich macht.“

Bioökonomie in Brandenburg:

Nachhaltige Bioökonomie ist Wirtschaften mit biologischen Ressourcen wie Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen unter Beachtung ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte. Brandenburgs Aktivitäten zur Bioökonomie orientieren sich am Europäischen Green Deal, der Bioökonomiestrategie der Europäischen Union sowie der Nationalen Bioökonomiestrategie der Bundesregierung. Mit ihrem „Grünen Deal“ zur Klimaneutralität 2050 sowie ihren Aktionsplänen zur Bioökonomiestrategie und zur Kreislaufwirtschaft hat die EU bereits signifikante Signale gesetzt. Unter Bioökonomie ist dabei sowohl die Erzeugung, Bereitstellung und Nutzung von biologischen Ressourcen wie Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen sowie deren Produkte zu verstehen als auch ein nachhaltiges Wirtschaften unter Beachtung ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte.

Weitere Informationen zu Bioökonomie in Brandenburg findet man auch in der Broschüre „Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg – Biobasierte Wertschöpfung – regional und innovativ“.

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Ident-Nr
346
Datum
15.11.2021
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