Gedenken an Leid, Unrecht und Verbrechen
- Erschienen amKulturministerin Martina Münch hat heute im Landtag Brandenburg anlässlich der Aktuellen Stunde zum Thema ‘Gedenken an die ‘Reichspogromnacht vor 80 Jahren – Jüdisches Leben in Brandenburg heute‘ gemahnt, die Erinnerung an die schrecklichen Ereignisse vor 80 Jahren wachzuhalten. „Der 9. November 1938 war eine Zäsur: Die deutschlandweiten Pogrome markierten nach der vorangegangenen Entrechtung von Juden den Beginn der systematischen Verfolgung und des staatlich verordneten Massenmords. Viel zu viele haben damals zugesehen, nicht wenige sind zu Mittätern nationalsozialistischer Willkür und Grausamkeit geworden. Wir gedenken heute des unermesslichen Leids der unzähligen jüdischen Opfer des Nationalsozialismus“, so Ministerin Münch. „Die Erinnerung an Leid, Unrecht und Verbrechen ist heute, da sich Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus wieder ausbreiten, wichtiger denn je. Der 9. November mahnt uns, dass wir niemals aufhören dürfen, für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, ein friedliches Miteinander und den Schutz von Minderheiten einzutreten – für ein Leben ohne religiösen Hass, ohne nationalen Hochmut, ohne politische Verblendung. Deswegen begrüße ich auch den heute verabschiedeten Entschließungsantrag, mit dem unter anderem die Erinnerungsarbeit im Land, etwa mit zusätzlichen Gedenkstättenpädagogen, gestärkt wird“, so Münch. „Ich bin froh, dass Jüdinnen und Juden nach der Erfahrung der Shoa wieder in Brandenburg eine Heimat gesucht und gefunden haben. Es ist ein Glücksfall für Brandenburg, dass das schmerzhaft zerrissene Band jüdischen Lebens nach 1990 wieder aufgenommen werden konnte. Heute gibt es jüdische Gemeinden in sieben Orten im Land und Potsdam hat sich mit mehreren Einrichtungen zu einem Zentrum jüdisch-theologischer und kultur- und zeitgeschichtlicher Wissenschaft entwickelt. Das aktive und vielfältige jüdische Leben bereichert unser Land – dafür danke ich den Gemeinden und Einrichtungen sehr.“
Bei den Novemberpogromen organisierten SA- und SS-Trupps in der Nacht vom 09. auf den 10. November 1938 gewalttätige Übergriffe auf die jüdische Bevölkerung. Mehrere hundert Synagogen in ganz Deutschland wurden in Brand gesetzt, mindestens 8.000 jüdische Geschäfte zerstört sowie zahllose Wohnungen verwüstet. Die Pogromnacht forderte rund 400 Todesopfer. Insgesamt 30.000 Juden wurden in dieser Nacht und den folgenden Tagen verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt. Die antisemitischen Ausschreitungen waren von der NS-Führung organisiert worden, die die Diskriminierung und Verfolgung jüdischer Bürgerinnen und Bürger seit 1933 systematisch vorangetrieben hatte. Die Pogrome markierten den Übergang von der Diskriminierung der Juden seit 1933 zur systematischen Verfolgung, die wenige Jahre später in die Shoa, die Vernichtung der europäischen Juden, mündete.
In Brandenburg lebten vor 1933 etwa 9.000 Juden in mehr als 20 Gemeinden. Nach dem Krieg gab es im Gebiet des heutigen Landes Brandenburg nur noch vereinzelte Juden. Erst ab 1991 gründeten Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion wieder jüdische Gemeinden in Potsdam, Cottbus, Frankfurt (Oder), Brandenburg an der Havel, Bernau, Oranienburg und Königs Wusterhausen mit insgesamt rund 2.000 Mitgliedern. Das Land hat im Jahr 2005 einen Staatsvertrag mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden abgeschlossen und stellt den Gemeinden jährlich mehr als 500.000 Euro zur Förderung jüdischer Gemeinde- und Verbandsstrukturen zur Verfügung. Im Januar 2015 wurde in Cottbus die landesweit erste Synagoge nach 1945 eingeweiht. Am 07. November 2018 hat das Land mit der Jüdischen Gemeinde Stadt Potsdam und der Synagogengemeinde Potsdam eine Vereinbarung über die Errichtung eines Synagogen- und Gemeindezentrums in Potsdam unterzeichnet. Die Synagoge soll auf Grundlage der Vereinbarung in den kommenden Jahren vom Land errichtet werden, die beiden Gemeinden werden das Zentrum gemeinsam betreiben. Das Land stellt dafür rund 8 Millionen Euro bereit.
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