Hauptmenü

Unsere Geschichte – unsere Verantwortung

- Erschienen am 08.09.2023 - Presemitteilung 359
Ministerin Schüle mit den Amtskolleg*innen

Kulturministerinnen und -minister aus Thüringen, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen tauschen sich in Krakau zur Weiterentwicklung der europäischen Erinnerungs- und Gedenkkultur aus

Die für Kultur zuständigen Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierungen von Thüringen, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen haben vom 06. bis 08. September Krakau besucht, um sich mit polnischen Repräsentantinnen und Repräsentanten aus Politik und Kultur über die Weiterentwicklung der europäischen Erinnerungs- und Gedenkkultur auszutauschen. Die Reise erfolgte auf Initiative Thüringens.

Im Anschluss betonten Minister Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff (Thüringen), Ministerin Dr. Manja Schüle (Brandenburg), Senator Dr. Carsten Brosda (Hamburg), Ministerin Bettina Martin (Mecklenburg-Vorpommern) und Minister Falko Mohrs (Niedersachsen) die Bedeutung einer zeitgemäßen Gedenkkultur:

„Auschwitz-Birkenau steht wie kein anderer Ort für die monströsen Verbrechen, die zwischen 1933 und 1945 auf deutschem Boden und von deutschem Boden aus begangen wurden. Geschichte begreifen wir besonders gut an authentischen Orten, noch besser durch die Erzählungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Doch diese Stimmen verstummen mehr und mehr. Wie also wollen wir in Zukunft an die NS-Verbrechen und ihre Opfer erinnern? Wie können junge Menschen künftig aus diesen Erfahrungen lernen? Wie können neue Formen der Geschichtsvermittlung aussehen? Unsere gemeinsame Verantwortung ist es, hierauf Antworten zu finden. Unsere Verantwortung ist es, unsere Erinnerungskultur gegen den zunehmenden Rechtspopulismus und Geschichtsrevisionismus in Deutschland und Europa zu verteidigen. Unsere Verantwortung ist es, dass Jüdinnen und Juden sowie Angehörige aller Minderheiten sicher in unserem Land leben können. Denn: Leben in Freiheit und Frieden ist nicht selbstverständlich.“

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich darauf verständigt, im kommenden Jahr eine bundesweite Fachtagung zu den Herausforderungen zu organisieren, die die Perspektiven der Gedenkstättenarbeit, Inhalte und Formen des Gedenkens und der historisch-politischen Bildung angesichts erstarkender rechtsrevisionistischer Strömungen diskutieren wird. Hierbei sollen auch aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden einbezogen und neue Impulse für die Forschung gesetzt werden. Auch die Erinnerungsarbeit steht vor erheblichen Umbrüchen, Zeitzeugen stehen immer weniger zur Verfügung und zugleich eröffnet die Digitalisierung neue Möglichkeiten.

Auf dem Programm der Krakau-Reise standen – neben dem Austausch mit Dagmar Hillebrand vom Konsulat der Bundesrepublik Deutschland in Krakau, sowie Krakauer Repräsentantinnen und Repräsentanten aus Politik und Kultur – eine Stadtführung durch den ehemaligen jüdischen Stadtbezirk von Krakau, Kazimierz, die Besichtigung des Muzeum Fabryka Emalia Oskara Schindlera, ein Besuch der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau und der Internationalen Jugendbegegnungsstätte sowie des Galicia Jewish Museum in Krakau.

Hintergrundinformationen zu den besuchten Einrichtungen

Ehemaliger jüdischer Stadtbezirk von Krakau, Kazimierz:
Vor dem Zweiten Weltkrieg war Krakau die viertgrößte jüdische Gemeinde in Polen. Die 65.000 Krakauer Jüdinnen und Juden stellten 25 Prozent der Gesamtbevölkerung der Stadt und lebten mehrheitlich in Kazimierz. Das gegenwärtige Kazimierz zählt neben dem Ghetto in Venedig zu den am besten erhaltenen jüdischen Stadtteilen Europas. Auf seinem Gebiet finden sich noch immer sechs Synagogen und zwei Friedhöfe, von denen der bei der Remu-Synagoge gelegene zu den drei ältesten in Europa gehört.

Muzeum Fabryka Emalia Oskara Schindlera:
Die Fabryka Emalia Oskara Schindlera ist ein staatliches Museum in einem ehemaligen Gebäude der Emaillewarenfabrik von Oskar Schindler in Krakau. Sie war der berühmte Schauplatz von Oskar Schindlers Aktion zur Rettung der Juden vor den Gräueltaten der Nazis während des Zweiten Weltkriegs. Unter dem Vorwand seiner Fabrik stellte er mehr als 1.000 jüdische Arbeiter ein und rettete sie vor den Konzentrationslagern. Das Gelände ist heute ein historisches Museum mit Ausstellungen.

Zum Deutschen Generalkonsulat in Krakau:
Deutschland (Preußen) hatte während der Republik Krakau (1818–1846) eine diplomatische und konsularische Vertretung in Krakau, die auch als Generalkonsulat fungierte. Das deutsche Konsulat war ab 1922 in Krakau tätig. Anfang September 1939 wurde das Konsulat nach Rumänien evakuiert und im April 1940 offiziell aufgelöst. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde 1991 das Konsulat in Krakau wiedergegründet.

Gedenkstätte Oświęcim:
Die Gedenkstätte Auschwitz liegt am Rande von Oświęcim, etwa 66 km von Krakau entfernt. Das Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau wurde am 2. Juli 1947 auf Beschluss des polnischen Parlaments gegründet und ist zuerst eine Gedenkstätte. Als solche umfasst sie die Überreste der beiden Konzentrationslager KZ Auschwitz I und KZ Auschwitz-Birkenau (KZ Auschwitz II). Die Institution ist zugleich Begegnungsort, Auskunftsstelle, Archiv und Forschungsinstitut. Seit 1979 ist sie eingetragen in die Liste des Weltkultur- und Naturerbes der Menschheit, seit 2007 unter dem geänderten Namen ‘Auschwitz-Birkenau – deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager‘.

Internationale Jugendbegegnungsstätte Auschwitz (IJBS):
Die Internationale Jugendbegegnungsstätte in Auschwitz/Oświęcim entstand 1986 als Bildungseinrichtung dank der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, der Stadt Oświęcim, der Einsatzbereitschaft vieler Menschen und Institutionen aus Deutschland und Polen, die am Prozess der deutsch-polnischen Versöhnung und des christlich-jüdischen Dialogs beteiligt waren.

Gedenkstättenteil Auschwitz-Birkenau:
Das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau war das größte deutsche Vernichtungslager im NS-Staat. Als im Oktober 1941 mit dem Bau begonnen wurde, sollte es ein Lager für 125.000 Kriegsgefangene sein. Himmler wollte sie als Arbeitskräfte bei der ‘Kolonialisierung des Ostens‘ einsetzen. Später wurde es Vernichtungslager. Die Mehrheit der nach Birkenau Deportierten wurde als nicht arbeitsfähig eingestuft und unmittelbar nach der Ankunft in den Gaskammern umgebracht. Als die sowjetische Armee am 27. Januar 1945 Auschwitz befreite, befanden sich noch etwa 8.500 kranke und erschöpfte Häftlinge im Stammlager und seinen Nebenlagern. In Auschwitz-Birkenau wurden etwa 1.000.000 Juden, 70.000 Polen, 25.000 Sinti und Roma und etwa 15.000 Kriegsgefangene aus der Sowjetunion und anderen Ländern ermordet.

Galicia Jewish Museum:
Das Jüdische Museum Galizien existiert, um der Opfer des Holocaust zu gedenken und die jüdische Kultur des polnischen Galiziens zu feiern, indem es die jüdische Geschichte aus einer neuen Perspektive präsentiert. Ziel des Museums ist es, die Stereotype und Missverständnisse, die typischerweise mit der jüdischen Vergangenheit in Polen verbunden sind, in Frage zu stellen, sowohl Polen als auch Juden über ihre eigene Geschichte aufzuklären und sie gleichzeitig zum Nachdenken über die Zukunft anzuregen.