"In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeug:innen"
- Erschienen am - PresemitteilungHeute haben das Brandenburg Museum für Zukunft, Gegenwart und Geschichte und die Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF am Brandenburger Tor in Potsdam mit einer Auftaktveranstaltung die bundesweite Tour des demokratiefördernden Erinnerungsprojekts „In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeug:innen“ eröffnet. Der zukunftsweisende Ansatz, Zeitzeug:innenschaft für nachfolgende Generationen durch den Einsatz von Volumetrie in der virtuellen Realität zu bewahren, kann durch den mobilen Ausstellungstruck nun einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden.
In der mobilen Ausstellung begegnen Besucher:innen fünf jüdischen Zeitzeug:innen – Ruth Winkelmann, Kurt Hillmann, Charlotte Knobloch, Inge Auerbacher und Leon Weintraub – in einer realitätsnahen, immersiven Gesprächssituation. Durch eine VR-Brille erleben sie diese Überlebenden scheinbar „in echt“ und können deren Berichte auf einer emotional tiefgehenden Ebene nachvollziehen. Die besondere Innovation liegt in der Verknüpfung von historischer Erinnerung und moderner Technologie, die über herkömmliche digitale Archivierungen hinausgeht.
Die Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus ist eine gesellschaftliche Verantwortung, die sich mit dem Verschwinden der letzten Zeitzeug:innen vor einer grundlegenden Herausforderung sieht. Die direkte Begegnung mit Überlebenden war stets ein besonders wirkungsvolles Mittel, um das Unrecht und die Gewalt der NS-Zeit nachvollziehbar zu machen.
Der Publizist und Autor Prof. Dr. Michel Friedman übernahm die Schirmherrschaft für die bundesweite Tour und begründete sein Engagement wie folgt:
„Wir leben in einer Gegenwart, in der Rechtsextremismus und das Antasten der Menschenwürde immer alltäglicher geworden sind, enthemmter und gewalttätiger. Die Endpunkte der Gewalt, die verändern sich, aber die Anfangspunkte der Gewalt, die sind strukturell immer die gleichen und wir sind in Deutschland im Jahre 2025 mittendrin und schon lange nicht mehr bei den Anfängen und umso wichtiger ist es, gerade auch mit modernen Möglichkeiten der Technik, aber auch in der Sache, die Erinnerung wachzuhalten, um für unsere Gegenwart zu lernen.“ Das bundesweite Pilotprojekt mit dem Einsatz virtueller Zeitzeug:innenschaft kommentierte er mit den Worten: „Es ist ein Mittel unter vielen, aber ist das Mittel des 21. Jahrhunderts. Für junge Menschen ist die virtuelle Begegnung nicht nur bei diesem Thema etwas, das immer alltäglicher sein wird. Auch eine virtuelle Begegnung mit Menschen, die nicht mehr leben, aber die man erleben kann, als sie lebend ihre Geschichten erzählt haben, ist eine Möglichkeit, die ich sehr begrüße.“
Katja Melzer, Direktorin des Brandenburg Museums eröffnete die Veranstaltung:
„Als Brandenburger Modellprojekt hat „In Echt?“ große Aufmerksamkeit und ein sehr positives Echo erhalten und wir freuen uns nun außerordentlich, dass wir mit dem Projekt von Potsdam aus in wenigen Tagen auf bundesweite Tour gehen werden.“
Neben der Eröffnung und dem Grußwort von Prof. Dr. Michel Friedman sprach Prof. Dr. Susanne Stürmer von der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF über die Beweggründe der Zusammenarbeit:
„Die Filmuniversität und das Brandenburg Museum haben mit „In Echt“ das gemeinsame Ziel, durch den Einsatz neuer Technologien – immersiver und interaktiver Anwendungen – die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte in der Breite der Gesellschaft zu fördern. Die Arbeit von Museen und Gedenkstätten in den digitalen Raum zu erweitern.“
Der Beitrag von Dr. Andrea Despot, Vorstandsvorsitzende der projektfördernden Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft verdeutlichte die Bedeutung des Projektes als zusätzliches Mittel für eine starke Erinnerungskultur:
„Diese volumetrischen Zeugnisse sind kein Ersatz für die persönliche Begegnung. Das können und sollen sie nicht sein. Aber sie sind eine kraftvolle Ergänzung, eine Möglichkeit, die Erinnerung lebendig zu halten und für neue Generationen zugänglich zu machen – gerade auch für junge Menschen, die in einer digital geprägten Welt aufwachsen. Sie bieten einen neuen Zugang, der Neugier weckt und hoffentlich zu einer tieferen Auseinandersetzung anregt.“
Tobias Dünow, Staatssekretär für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, unterstrich in seinem Beitrag die starke emotionale Resonanz dieses Brandenburger Leuchtturmprojektes:
„Das Projekt ‘In Echt?‘ bietet berührende Begegnungen mit jüdischen Holocaust-Überlebenden im virtuellen Raum. Einer der Protagonisten ist der vor wenigen Wochen mit 92 Jahren verstorbene Kurt Hillmann. Bis zuletzt ging er in Schulen und berichtete über seine Erlebnisse. Dank des Projekts kann er seine Geschichte auch künftig erzählen. Ich bin ein wenig stolz, dass dieses innovative, unkonventionelle und auch mutige Projekt aus Brandenburg kommt. Vor allem aber bin ich der BKG und der Filmuniversität Babelsberg dankbar dafür, dass sie es entwickelt haben. Dank ihnen werden die Stimmen von Kurt Hillmann und anderen Zeitzeugen jetzt auch bundesweit zu hören sein.“
Ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltung war die Lesung der Brandenburger Autorin Tanya Yael Raab, die aus ihrem Buch „Shalom zusammen! Warum wir falsche Vorstellungen von jüdischem Leben haben und das gemeinsam ändern sollten“ las.
Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung vom Korr-Trio der Brandenburgischen Sommerkonzerte mit Aaron Seraphin Korr (Violine), Felix Cherubin Korr (Viola) und Raffael Elias Korr (Violoncello).
Besuchszeiten des Ausstellungstrucks in Potsdam
Der mobile Ausstellungstruck kann noch bis 11. Mai 2025 vor dem Brandenburger Tor in Potsdam zu folgenden Zeiten kostenfrei besucht werden:
Mi, 07.05. – Fr, 09.05., 15–18 Uhr / Sa, 10.05. – So, 11.05., 12–18 Uhr.
Es gibt noch Plätze für den Erwachsenen-Workshop am Samstag, den 10.5. um 11 Uhr. Anmeldungen über: Julia Baumann E-Mail j.baumann@gesellschaft-kultur-geschichte.de, Telefon +49 331 620 85 48.