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Hoher EU-Förderpreis: ERC-Synergy-Grant für Dr. Monika Korte

- Erschienen am 05.11.2024 - Presemitteilung 375

In dem EU-geförderten Projekt GERACLE wird ein internationales Team unter Koordination des Potsdamer GeoForschungsZentrums die Folgen von Umpolungen des Erdmagnetfeldes untersuchen.

Dr. Monika Korte, kommissarische Leiterin der GFZ-Sektion Geomagnetismus, hat für ihr Projekt GERACLE einen prestigeträchtigen ERC-Synergy-Grant eingeworben. Damit fördert der Europäische Forschungsrat ERC große internationale Forschungsprojekte mehrerer Teams an den Schnittstellen etablierter Disziplinen.

GERACLE steht für „Geomagnetic Excursions and Reversals: Establishing their Atmospheric and Climatic Effects“ – auf Deutsch: „Geomagnetische Exkursionen und Umkehrungen: Nachweis ihrer atmosphärischen und klimatischen Auswirkungen“. Ziel des Projekts ist es, die Folgen von Umpolungen des Erdmagnetfelds für die Atmosphäre und unseren Lebensraum zu verstehen. Das Magnetfeld der Erde bietet einen natürlichen Schutzschild vor gefährlichen Partikeln aus dem Sonnenwind und kosmischer Strahlung. Bei Umpolungen schwächt es sich ab und ändert seine Form – mit teils erheblichen Folgen für das Leben auf der Erde. Das Projekt nimmt das gesamte System Sonne – Erde in den Blick, um deren Wechselwirkungen unter ungewöhnlichen Magnetfeldbedingungen und einem weiten Spektrum solarer Aktivität und klimatischer Bedingungen zu untersuchen.

Die Koordination des Projektes liegt bei Monika Korte am GFZ. Es wird zusammen mit drei Teams aus Finnland und Österreich bearbeitet. Die Laufzeit beträgt sechs Jahre, die Fördersumme insgesamt 10 Millionen Euro, davon gehen 3,3 Millionen an das GFZ. Das ist ein weiterer großer Erfolg für das GFZ auf europäischer Ebene in einer Serie von zuletzt acht ERC-Grants in den vergangenen zwei Jahren.

Glückwünsche von Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle:

„Einmal mehr honoriert der Europäische Forschungsrat ERC die zukunftweisende Arbeit am Potsdamer GeoForschungsZentrum mit einem ERC Grant. Geehrt wird das interdisziplinäre Projekt GERACLE unter Leitung von Geophysikerin Dr. Monika Korte, das die Rolle des Erdmagnetfeldes bei den Wechselwirkungen zwischen Sonnenaktivität und klimatischen Bedingungen auf der Erde untersucht. Ich gratuliere Frau Dr. Korte zu dieser außergewöhnlichen Anerkennung, die zur internationalen Sichtbarkeit unseres Wissenschafts- und Forschungsstandortes beiträgt.“

Auch die Wissenschaftliche Vorständin des GFZ, Prof. Susanne Buiter, gratuliert:

„Herzlichen Glückwunsch zu diesem herausragenden Erfolg an Monika Korte und ihr internationales Team. Ihre Forschung zeigt, wie wichtig es für die Geowissenschaften ist, unsere Erde auch in ihrer Wechselwirkung mit dem sie umgebenden Weltraum zu betrachten und zu verstehen. Das liefert nicht nur grundlegende Erkenntnisse für das Leben auf der Erde, die aus der weiten Vergangenheit bis in die fernere Zukunft reichen, sondern hat auch eine hohe Relevanz für unsere technisierte Gesellschaft. Dass der ERC diesen Ansatz honoriert, ist auch eine Bestätigung für die Mission des GFZ und ein Erfolg, den wir feiern.“

Hintergrund: Wandel und Rolle des Erdmagnetfeldes

Das Erdmagnetfeld wirkt als Schutzschild unseres Planeten gegen Sonnenwind und kosmische Strahlung, die das sogenannte Weltraumwetter bestimmen. Das Magnetfeld der Erde entsteht in ihrem flüssigen äußeren Kern und variiert daher immer ein bisschen in Raum und Stärke. Im Lauf der Erdgeschichte hat sich das Magnetfeld jedoch auch mehrfach komplett umgepolt – dauerhaft oder kurzzeitig, in Form sogenannter Exkursionen oder Polaritätsänderungen. Diese extremen Feldänderungen gehen mit einer drastischen Abnahme der Magnetfeldstärke, aber auch mit einer Zunahme der Komplexität der Feldgeometrie einher. Beispielsweise können sich mehr als zwei Pole ausbilden. Damit schwächt und ändert sich der Schutzschild deutlich.

Die letzte dauerhafte Feldumkehrung, genannt Matuyama-Brunhes, fand vor 780.000 Jahren statt, eine kurzzeitige Umpolung gab es zuletzt vor 41.000 Jahren bei der sogenannten Laschamps-Exkursion. Nach rund 1500 unruhigen Jahren kehrte das Magnetfeld dann aber wieder in seine ursprüngliche, vergleichsweise stabile Polung zurück. Auch künftig werden solche Ereignisse wieder auftreten, wenn auch nicht in naher Zukunft.

Das ERC-Projekt GERACLE im Detail

Das ERC-Projekt GERACLE erforscht die Auswirkungen vergangener und künftiger Umkehrungen und Polaritätsausschläge des Erdmagnetfelds auf unseren Lebensraum.

Bisherige Studien, die jeweils stark vereinfachende Annahmen machten und eher Korrelationen als die vollen physikalischen Zusammenhänge untersuchten, sind nicht schlüssig. Sie zeigen ein breites Spektrum möglicher Auswirkungen: von „kein Einfluss der Feldumpolungen auf unseren Lebensraum“ bis hin zu starken klimatischen Konsequenzen und daraus folgenden Massensterben von Lebewesen.

In GERACLE werden zum ersten Mal die komplexen physikalischen Zusammenhänge im gesamten System Sonne – Erde während sehr unterschiedlicher Zustände des Erdmagnetfelds und damit der Magnetosphäre, aber auch der Sonne, und des durch andere Faktoren stark beeinflussten Klimas umfassend untersucht werden.

Das vierköpfige Leitungsteam von GERACLE setzt sich dazu interdisziplinär zusammen. Es vereint in GERACLE zum ersten Mal Expertise zur langfristigen Entwicklung des Erdmagnetfelds, zur Magnetosphäre, solarer Aktivität und solar-terrestrischen Beziehungen sowie Strahlungsprozessen in der Umgebung der Erde, und zu atmosphärischen Prozessen und der Erdsystemmodellierung.

Wesentliche Ziele des Projektes

„Das Hauptziel von GERACLE ist die Entwicklung eines einheitlichen Modells für das System Sonne – Erde auf Basis präziser paläomagnetischer Aufzeichnungen. Damit wollen wir magnetosphärische und atmosphärische Prozesse unter wechselnden geomagnetischen Feld-, Klima- und Sonnenbedingungen untersuchen. Die Ergebnisse des Projekts werden nicht nur Auskunft über spezielle Ereignisse der Erdgeschichte liefern, sondern auch wichtige Erkenntnisse zu solar-terrestrischen Beziehungen bei sich deutlich änderndem Erdmagnetfeld und zur Abschätzung zukünftiger Weltraumwettergefahren. Insbesondere wollen wir die seit langem bestehende Frage beantworten, wie schwerwiegend die Auswirkungen geomagnetischer Umkehrungen und Polaritätsexkursionen auf die Umwelt der Erde sein können“, sagt GFZ-Forscherin Monika Korte, Koordinatorin des Projektes.

Organisatorisches

Zum vierköpfigen Team gehören neben Dr. Monika Korte (GFZ), die federführend die Leitung hat, auch Prof. Emilia Kilpua (Universität Helsinki, Finnland), Prof. Ilya Usoskin (Universität Oulu, Finnland) und Prof. Harald Rieder (Universität für Bodenkultur, Wien, Österreich).

Die Laufzeit beträgt sechs Jahre, die Fördersumme beträgt insgesamt 10 Millionen Euro, davon gehen 3,3 Millionen Euro ans GFZ.

Der Forschungsbeitrag des GFZ

Das Team am GFZ unter Leitung von Dr. Korte wird mit seiner langjährigen Expertise zur globalen Rekonstruktion der Magnetfeldentwicklung der Vergangenheit für die möglichst genaue Charakterisierung des Magnetfelds während der zu untersuchenden Magnetfeldumpolungen zuständig sein. Dazu werden neue paläomagnetische Daten aus Sedimentkernen im Labor gemessen und diese zusammen mit bereits existierenden Daten zur Berechnung globaler Modelle verwendet. Untersuchungen zur Datenqualität und möglichen Umwelteinflüssen auf das magnetische Signal spielen hierbei eine wichtige Rolle. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse wird auch eine Abschätzung der Magnetfeldkonfiguration während einer möglichen zukünftigen Umpolung erzeugt werden.

Zur Person
Dr. Monika Korte befasst sich seit langem mit dem geomagnetischen Kernfeld der Erde und dessen Entstehung. Sie ist seit 2021 kommissarische Leiterin der GFZ-Sektion 2.3 Geomagnetismus. Die Geophysikerin kam nach ihrem Diplom an der Ludwig-Maximilians-Universität München erstmals 1997 für ihre Doktorarbeit ans GFZ, wo sie – nach ihrer Promotion 1999 an der FU Berlin – bis 2001 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitete. Bis 2002 forschte sie dann als Postdoktorandin mit einem Feodor-Lynen Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung an der „Scripps Institution of Oceanography“ an der University of California in San Diego und kehrte anschließend wieder an das GFZ zurück. Von 2003 bis 2014 leitete sie das Geomagnetische Observatorium Niemegk, seit 2009 auch die Arbeitsgruppe „Geomagnetische Observatorien“ innerhalb der Sektion Geomagnetismus. Seit 2014 ist sie Leiterin der Arbeitsgruppe „Entwicklung des Erdmagnetfelds“ in derselben Sektion.

Monika Korte hat zahlreiche DFG- und andere Drittmittelprojekte eingeworben. 2003 erhielt sie den GFZ Potsdam Forschungspreis. Sie ist in internationalen Gremien aktiv, u.a. war sie 2015 - 2019 Vizepräsidentin und ist seitdem Generalsekretärin der „International Association of Geomagnetism and Aeronomy“ IAGA.

Über die ERC-Synergy-Grants

Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) ist eine von der Europäischen Kommission eingerichtete Institution zur Finanzierung von grundlagenorientierter Forschung. Der ERC fördert themenoffen exzellente Wissenschaftler:innen und ihre Teams mit bahnbrechenden Forschungsprojekten in verschiedenen Förderlinien für die jeweils passende Karrierestufe.

Mit den „Synergy-Grants“ fördert der ERC Teams von zwei bis vier herausragenden Wissenschaftler:innen. Die Projekte sollen zu Entdeckungen an den Schnittstellen zwischen etablierten Disziplinen und zu substantiellen Fortschritten an den Grenzen des Wissens führen. Die Projekte sollen so ambitioniert sein, dass sie nur durch die Zusammenarbeit der benannten PIs (Principal Investigator – Hauptverantwortliche Wissenschaftler:in) möglich sind. Obergrenze der Förderung ist ein Betrag von rund 10 Millionen Euro bei einer Laufzeit von maximal 6 Jahren.