Andrea Genest übernimmt Leitung von Ravensbrück
- Erschienen am - PresemitteilungDie Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück hat eine neue Leiterin: Dr. Andrea Genest wird ab dem 01. August 2020 die Leitung von Dr. Insa Eschebach übernehmen, die am 31. Juli in den Ruhestand geht. Die Berliner Politikwissenschaftlerin wurde durch den Stiftungsrat der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten auf Vorschlag einer Auswahlkommission in ihr neues Amt berufen. Sie wird zudem Stellvertreterin von Stiftungsdirektor Dr. Axel Drecoll.
Kulturministerin und Stiftungsratsvorsitzende Dr. Manja Schüle begrüßt die Entscheidung:
„Andrea Genest hat profunde und vielfältige Erfahrungen sowohl in der Arbeit mit unterschiedlichsten Gedenkstätten als auch in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Erinnerungskultur. Zudem hat sie bereits bei Ausstellungs- und Publikationsprojekten der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück mitgearbeitet. Damit ist sie eine ausgesprochen gute Wahl. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihr. Insa Eschebach danke ich für ihr 15-jähriges eindrückliches Engagement in der Mahn- und Gedenkstätte“, so Ministerin Schüle. „Auf deutschem Boden und von deutschem Boden aus sind zwischen 1933 und 1945 monströse Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen worden. Daran erinnert die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück als größtes Frauen-KZ besonders eindrücklich. Diese Erinnerung ist heute wichtiger denn je: Auch heute werden wieder Juden auf unseren Straßen angegriffen, jüdische Friedhöfe geschändet, jüdische Einrichtungen attackiert und antisemitische Hetze verbreitet. Hier sind wir als Gesellschaft, hier ist aber auch jeder einzelne gefordert, Position zu beziehen. Wir tragen die Verantwortung dafür, dass die Erinnerung nicht verblasst, dass Hetze, Hass, Ausgrenzung und Verfolgung keinen Raum bekommen und dass unsere Gesellschaft für Toleranz, Miteinander und die Würde aller Menschen steht.“
Der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Dr. Axel Drecoll:
„Wir freuen uns, dass wir mit Andrea Genest eine ausgewiesene Wissenschaftlerin für die künftige Leitung der Gedenkstätte Ravensbrück gewinnen konnten, die mit der Geschichte des Frauen-Konzentrationslagers bestens vertraut ist und über vielfältige Erfahrungen in der Gedenkstättenarbeit verfügt. Sie steht vor der großen Herausforderung, angesichts einer sich wandelnden Erinnerungskultur neue Wege in der Präsentation und Vermittlung der nationalsozialistischen KZ-Verbrechen zu beschreiten. Wir wünschen ihr dabei viel Erfolg und freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit.“
Die 1970 in Berlin geborene Andrea Genest studierte Politikwissenschaft und Germanistik an der Freien Universität Berlin und promovierte über die Antisemitische Hetz- und Ausgrenzungskampagne 1968 in Polen. Danach arbeitete sie an den Gedenkstätten Auschwitz-Birkenau, Deutscher Widerstand, Ravensbrück, Lager Sandbostel, der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde sowie zuletzt am Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit in Berlin-Schöneweide. Am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin und am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam forschte sie zu Themen der polnischen Zeitgeschichte sowie zur Erinnerungskultur in Europa. Bereits in der Vergangenheit hat sie bei Ausstellungs- und Publikationsprojekten der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück mitgewirkt. Anbei ein Foto von Andrea Genest (Quelle: privat) zur freien Verwendung in Presseveröffentlichungen.
Das KZ Ravensbrück war das größte Konzentrationslager für Frauen im Deutschen Reich. Es wurde in den Jahren 1938/39 durch die SS errichtet. Zwischen 1939 und 1945 waren dort 132.000 Frauen, 20.000 Männer und 1.000 weibliche Jugendliche des ‘Jugendschutzlagers Uckermark‘ als Häftlinge registriert. Sie stammten aus mehr als 40 Nationen, unter ihnen zahlreiche Juden sowie Sinti und Roma. Zehntausende wurden ermordet oder starben an Hunger, Krankheiten oder durch medizinische Experimente. Nach dem Bau einer Gaskammer Ende 1944 wurden rund 6.000 Häftlinge von der SS vergast. Ende April 1945 trieb die SS zehntausende Häftlinge auf Todesmärsche in Richtung Nordwesten. Rund 3.000 zurückgelassene Kranke wurden am 30. April 1945 durch die Rote Armee befreit.
Die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück wurde im Jahr 1959 als Nationale Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück eröffnet und anschließend mehrfach erweitert. Das ehemalige Stammlager diente von 1945 bis 1993 als Kaserne für die Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland. Seit 1993 ist die Gedenkstätte Teil der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Sie erinnert an die Opfer des Konzentrationslagers Ravensbrück, des Jugend-KZ Uckermark sowie benachbarter Konzentrationslager und Zwangsarbeiter-Stätten.
Die 1993 gegründete Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten betreut die Gedenkstätten in den früheren Konzentrationslagern Sachsenhausen und Ravensbrück, die Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie-Morde in Brandenburg an der Havel und im ehemaligen Zuchthaus Brandenburg-Görden sowie die Gedenkstätte Todesmarsch im Belower Wald als Außenstelle von Sachsenhausen. Außerdem verwaltet sie treuhänderisch die Stiftung Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam. Das Land Brandenburg fördert die Arbeit der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten in diesem Jahr mit rund 3,2 Millionen Euro, weitere rund 2,7 Millionen Euro kommen vom Bund. Für die Stiftung Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam stellen das Land Brandenburg und der Bund in diesem Jahr jeweils rund 200.000 Euro bereit.