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Es geht los!

- Erschienen am 03.09.2021 - Pressemitteilung 274
Eingerüstetes Schloss ©MWFK

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) beginnt im September 2021 mit der Sanierung des Schlosses auf der Berliner Pfaueninsel. Seit der Schließung des Hauses im August 2018 haben Gutachter- und Planungsbüros das Bauwerk vom Keller bis zum Dach untersucht, Schadensursachen analysiert und Konzepte für die bevorstehende Instandsetzung und Restaurierung entwickelt. Nun bleibt das Haus für drei weitere Jahre bis Mitte 2024 geschlossen, um die aufwendige Planung baulich umzusetzen. Dabei können vor allem Restaurierungsarbeiten an den originalen Wandflächen im Inneren des Gebäudes nur in den klimatisch günstigeren Monaten Mai bis Oktober durchgeführt werden. Die Pfaueninsel selbst ist jedoch weiterhin für Besucherinnen und Besucher zugänglich.

Ermöglicht werden die Wiederherstellungsmaßnahmen mit Mitteln aus dem zweiten Sonderinvestitionsprogramm für die preußischen Schlösser und Gärten (SIP 2, Masterplan), welches der Bund (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien) sowie die Länder Brandenburg (Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur) und Berlin (Senatsverwaltung für Kultur und Europa) bis 2030 für die Rettung bedeutender Denkmäler der Berliner und Potsdamer Kulturlandschaft aufgelegt haben. Die Gesamtbaukosten für die Sanierung des Schlosses auf der Pfaueninsel belaufen sich nach derzeitigem Stand auf ca. 5,5 Millionen Euro.

Brandenburgs Kulturministerin Dr. Manja Schüle:

„Ein Holzbauwerk mit verspieltem Ruinen-Look, filigranen Details und einer fragilen Kulissenhaftigkeit – das Schlösschen auf der Pfaueninsel gehört zweifellos zu den ungewöhnlichsten Kleinoden in den Gärten und Parks der Schlösser-Stiftung. Was man nicht sieht: marode Holzbalken, ausgeblichene Stofftapeten, Risse in der Eisengussbrücke – das mehr als 225 Jahre alte Lustschlösschen ist mittlerweile ein Pflegefall. Genau für solche Fälle haben wir gemeinsam mit dem Bund und Berlin ein 400 Millionen Euro schweres Sonderinvestitionsprogramm aufgelegt. Gut, dass jetzt die Sanierung unseres gemeinsamen Kulturerbes beginnt“, so Ministerin Schüle. „Ganz klar: Das preußische Erbe spielt eine besondere Rolle für die Identität und Attraktivität unseres Landes. Dafür stehen die Schlösser und Gärten ebenso wie das immaterielle Erbe der Preußen – etwa das Toleranzedikt von 1685. Dazu gehört aber auch die Kehrseite der preußischen Medaille: Militarismus, Despotismus, Kadavergehorsam. All das ist Teil unseres kulturellen, historischen und auch politischen Erbes – und gehört damit selbstverständlich in die Öffentlichkeit.“

Der Generaldirektor der SPSG, Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr, fügt hinzu:

„Die Sanierung und Restaurierung des Schlosses auf der Pfaueninsel ist eines der anspruchsvollsten Projekte im Rahmen des zweiten Sonderinvestitionsprogramms. Denn hier haben sich Interieurs aus der Erbauungszeit von 1795 nahezu unverändert erhalten. Das ist einmalig in der Berlin-Brandenburgischen Kulturlandschaft. Ausdrücklich möchte ich den Ländern Brandenburg, Berlin und dem Bund danken, die mit ihrer Förderung dafür sorgen, dass dies auch in Zukunft so bleiben kann.“

Das Haus

Schloss Pfaueninsel wurde 1794 bis 1795 vom Potsdamer Zimmermeister Johann Gottlieb Brendel für König Friedrich Wilhelm II. (1786-1797) und seine enge Vertraute Wilhelmine Rietz, die spätere Gräfin Lichtenau (1753-1820), als ländlicher Rückzugsort errichtet. Schloss und Park Pfaueninsel sind Teil der UNESCO-Welterbestätte „Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin“. Der Bau zitiert äußerlich die Form eines „römischen Landhauses“, das man sich damals als ruinenhafte Kastellburg vorstellte. Bei näherer Betrachtung zeigt sich die Fassade jedoch als hölzerne Staffage. Im Kontrast dazu birgt das Innere aufwendige, im Stil der Erbauungszeit gestaltete Schlossräume, die mit ihrer Ausstattung gleichermaßen auf die Antike wie auf ferne Südseeregionen verweisen. Dass sich eine Folge von Innenräumen, einschließlich dem mobilen Inventar aus der Erbauungszeit bis heute nahezu unverändert erhalten hat, ist einmalig in der Berlin-Brandenburgischen Kulturlandschaft.

Die Baugeschichte

1793 bis 1794           
Planung des Schlosses als ein mit Borke verkleideter Fachwerkbau durch Zimmermeister Johann Gottlieb Brendel, unter Anleitung von Wilhelmine Rietz (geb. Enke), ab 1796 Gräfin Lichtenau, ehemalige Mätresse und Vertraute König Friedrich Wilhelms II.

1794 bis 1795
Erste Bauphase: Errichtet wird ein Fachwerkbau mit Ziegelausfachung auf einem massiven Keller. Der besseren Fernwirkung wegen wird das Haus nicht mit Borke, sondern mit Eichenbrettern verkleidet, die mit heller Ölfarbe mit Sandzusätzen gestrichen werden. Die Brücke der Turmfront wird als Holzkonstruktion ausgeführt. Das Schloss erhält ein Dach aus grau gestrichenem Eisenblech, die Kuppel auf dem Südturm wird mit Smalte blau gestrichen. Das illusionistische Gemälde eines Fallgitters vor offener Landschaft im Torbogen der Fassade stammt von dem Berliner Theatermaler Peter Ludwig Burnat (1762-1817).

1802 bis 1804           
An der Beplankung der beiden Türme treten erste Schäden auf. Die Fugen werden versuchsweise mit Teer versiegelt und die Türme verputzt. Da dies nicht die erhoffte Wirkung zeitigt, erfolgt eine Neubeplankung sowie der Einbau einer Feuchtesperrschicht über dem Sandsteinsockel.

1809
Die Holzbrücke wird durch eine 1806 gegossene eiserne Brücke ersetzt. Nach einem kleinen Brückensteg in Paretz ist dies der erste Großguss der 1804 gegründeten Berliner Betriebsstelle der Königlich Preußischen Eisengießerei.

1820
Das Wandbild wird erneuert und zeigt nun die Statue des Rudolph von Habsburg am Grabmal Maximilian I. zu Innsbruck vom Theatermaler Karl Wilhelm Gropius. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts geht auch dieses Wandbild verloren.

1826
Es wird angenommen, dass ab diesem Zeitpunkt die Südseite und die beiden Türme durch das Aufbringen einer plastischen Holzquaderung betont wurden, wie späteren fotografischen Aufnahmen aus dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entnommen werden kann.

1842
Die Eisenblecheindeckung des Daches wird durch Zinkblech ersetzt.

1869
Das Schloss erhält ein neues Zinkdach. Wahrscheinlich ist die Pyramidenform des Daches in diesen Zeitraum zu datieren. Zuvor war ein flaches Satteldach vorhanden.

1909 bis 1911
Die Fassade erhält eine Zementmörtelschale auf Eisendrahtgewebe mit plastischer Quaderteilung an Stelle der bisherigen Holzverschalung.

1974 bis 1976
Die Zementmörtelschale wird abgenommen und durch eine neue, den Darstellungen des frühen 19. Jahrhunderts entsprechende und deshalb mit Quaderfugen bemalte Holzverkleidung ersetzt. Es erfolgt die Neuschöpfung der Nischenbemalung im Torbogen durch den Berliner Künstler Thomas Harndt (1932-2016).

Die Nutzungsgeschichte

1793
König Friedrich Wilhelm II. sucht für sich einen Rückzugsort in räumlicher Beziehung zum Marmorpalais im Potsdamer Neuen Garten.

1794 bis 1795
Der König besucht regelmäßig die Baustelle, bewohnt das Schloss jedoch nicht mehr. Mit dem Tod des Königs 1797 zerschlagen sich die Hoffnungen der Gräfin Lichtenau, das Schloss mit ihrer Familie zu bewohnen.

1798 bis 1839
König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) besucht die Insel regelmäßig mit seiner Gemahlin, Königin Luise (1776-1810), und den gemeinsamen Kindern. Er bewohnt während dieser Aufenthalte das Schloss. Später nutzt die königliche Familie die Pfaueninsel und das Schloss für Familienzusammenkünfte im Gedenken an Luise.

seit 1840
Das Schloss wird nach dem Regierungsantritt von König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) ausschließlich museal genutzt. Bereits seit den 1820er Jahren ist die Insel ein beliebtes Ausflugsziel der Berliner.

Die Sanierung

Angesichts der von Anfang an nur bedingt wetterdichten Holzverschalung der Fachwerkaußenwände, die zudem immer wieder ersetzt werden musste, ist der Erhaltungszustand der Innenräume beachtlich. Doch heute, mehr als 45 Jahre nach der letzten großen Sanierung, ist die Holzverschalung durch Witterungseinflüsse so stark beeinträchtigt, dass auch das darunterliegende Fachwerk in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Die Schäden

  • Fäulnis der Holzbohlenverschalung und an den Schaftringen der beiden Türme
  • Risse in der während der Sanierung von 1974 bis 1976 aufgebrachten kunststoffhaltigen Farbe lassen Wasser leicht eindringen, aber kaum wieder ausdiffundieren
  • mehrfach geflickte Dachhaut mit undichten, nicht mehr reparaturfähigen Nahtstellen
  • Folgeschäden wie Holzfäulnis, Pilz- und Insektenbefall an den Traghölzern der Fachwerkaußenwand und der Dachkonstruktion, vor allem im Bereich der Schwellhölzer am unteren Ende der Fassade und der Hölzer im Traufbereich
  • von der Bauwerksgeometrie vorgegebene, wannenförmige Entwässerungsrinne hinter den Zinnen, die sich bei Starkregen nicht schnell genug entleeren kann
  • fehlende Kopfbänder und Riegel, die bei früheren Sanierungen unsachgemäß aus dem Fachwerk entfernt wurden
  • ungeeignete Ersatzmaterialien (Kalkzementstein und Mineralwolle) in den Fachwerkzwischenräumen anstelle der originalen Ziegelausmauerung
  • seitlich eindringende Feuchtigkeit im Keller, Schimmelbildung, abblätternder Putz, Salzausblühungen
  • Risse und Abplatzungen am Sandsteinsockel
  • Rissbildung im Treppenturm
  • Witterungsschäden an den Fenstern, durchfaulte Wetterschenkel, korrodierte Mechanik, nicht funktionierende Schiebe- und Rollläden
  • Rostfraß und Rissbildung an der Eisengussbrücke (die seit 2010 provisorisch notgesichert ist)
  • Alterungs- und Abnutzungsspuren der Innenraumoberflächen

Die Maßnahmen

  • Erneuerung der Holzbohlenverschalung der Fassade
  • Erneuerung der Dachhaut aus Zinkblech, Notüberläufe für die Regenentwässerung
  • Instandsetzung der Fachwerkaußenwände und der Dachkonstruktion unter

größtmöglichem Erhalt der Originalsubstanz

  • Ergänzung fehlender Kopfbänder und Riegel
  • Kellersanierung, voraussichtlich Einbau einer Vertikal- und Horizontalsperre zur Abdichtung gegen seitlich eindringende und aufsteigende Feuchtigkeit, Umfang in Abhängigkeit vom Schadensbild nach der Freilegung
  • Instandsetzung der bauzeitlichen Fenster, Reparatur der Mechanik und der Schiebe- und Rollläden
  • Restaurierung der Eisengussbrücke, Abnahme der Farbfassungen, Entfernen der Korrosion durch Druckstrahlen mit einem nichtmetallischen Strahlgut, statische Ertüchtigung
  • Restaurierung der Wandfassung im Treppenhaus
  • Konservierungsarbeiten an den handwerklich und künstlerisch hochwertigen Oberflächen der Innenräume, den bedruckten Textil- und Papiertapeten, den Holzvertäfelungen, den Parkettfußböden, den geschnitzten Spiegelrahmen und der Malerei auf Putz
  • Erneuerung der Brand- und Einbruchmeldeanlage und weiterer Anlagen der Gebäudetechnik
  • Konservierungsmaßnahmen an der mobilen Ausstattung, die sich derzeit im Depot befindet

Besondere Herausforderungen

  • Eine Gefahr für die im Gebäude verbliebene Ausstattung (z. B. Tapeten und Holzvertäfelungen) sind anfallende Stäube, die sich beim Rückbau der äußeren Holzverschalung ergeben und die durch feine Ritzen in der Außenwand ins Innere gelangen könnten. Durch ständiges Absaugen der Oberflächen auf der Außenseite und Abdecken benachbarter Flächen während der Rückbauarbeiten wird der Staubeintrag ins Innere vermieden. Gelangen trotzdem Stäube ins Innere, sorgen Umluftfilter in den Räumen dafür, dass sich diese nicht an den Oberflächen absetzen können und stattdessen gezielt über den bauzeitlichen Kamin abgeführt werden.
  • Die Lage der Baustelle auf einer Insel und die sehr eingeschränkten Platzverhältnisse innerhalb der denkmal- und naturgeschützten Parkanlage erfordern eine sehr sorgfältige Planung der Baulogistik. Erschwerend kommt der besondere Platzbedarf des Gerüsts hinzu, welches aus statischen Gründen nicht am Gebäude verankert werden kann. Stattdessen werden mit Wasser gefüllten Ballasttanks notwendig, die sehr viel Fläche am Boden einnehmen.

Das Sonderinvestitionsprogramm (Masterplan)

Mit dem zweiten Sonderinvestitionsprogramm für die preußischen Schlösser und Gärten (SIP 2, Masterplan) retten der Bund (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien) sowie die Länder Brandenburg (Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur) und Berlin (Senatsverwaltung für Kultur und Europa) wesentliche Denkmäler der Berliner und Potsdamer Schlösserlandschaft vor dem Verfall. Das Abkommen sieht vor, dass die SPSG bis 2030 insgesamt 400 Millionen Euro in die Rettung nationaler Kulturgüter zusätzlich investieren kann. Der Bund trägt 200 Millionen Euro (50 Prozent) bei, das Land Brandenburg 131 Millionen Euro (33 Prozent) und das Land Berlin 69 Millionen Euro (17 Prozent). Derzeit befindet sich ein erstes Drittel der insgesamt rund 60 Projekte in bzw. unmittelbar vor der baulichen Umsetzung.

 

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Ident-Nr
274
Datum
03.09.2021
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