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Land fördert Gedenkstätten mit rund 4 Millionen Euro

- Erschienen am 02.03.2020 - Presemitteilung 51
Gedenkstätte Sachsenhausen ©dpa Monika Skolimowska

Jährlich besuchen über 800.000 Besucherinnen und Besucher die Gedenkstätten im Land Brandenburg. Kulturministerin Dr. Manja Schüle gibt gemeinsam mit Dr. Axel Drecoll, Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und Leiter der Gedenkstätte und des Museums Sachsenhausen, Dr. Insa Eschebach, Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, Dr. Sylvia de Pasquale, Leiterin der Gedenkstätten in Brandenburg an der Havel, und Dr. Ines Reich, Leiterin der Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam, einen Ausblick auf die Veranstaltungen zum 75. Jahrestag der Befreiung in den Gedenkstätten, auf das Jahresprogramm sowie die weitere Entwicklung der Stiftung.

Kulturministerin Manja Schüle:

„Ohne Zweifel ist der 8. Mai 1945 einer der wichtigsten Tage in der Geschichte des Landes Brandenburgs und Deutschlands. Er erinnert uns an das Ende des Zweiten Weltkriegs und des jahrelangen Terrors durch den Nationalsozialismus, der unendliches, millionenfaches Leid über Deutschland und Europa gebracht hat. Der 75. Jahrestag der Befreiung ist in diesem Jahr das wichtigste Ereignis für die Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück. Aber auch in den anderen Gedenkstätten des Landes Brandenburg wie in Potsdam, Brandenburg an der Havel, im Belower Wald und in Jamlitz, werden wir unmittelbar an individuelle Schicksale erinnert. Wir unterstützen die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten in diesem Jahr mit rund 3,8 Millionen Euro. Politische Provokationen der politischen Rechten und geschichtsrevisionistische Interventionen durch einige Gedenkstättenbesucher haben in den letzten Jahren zugenommen. Schon wieder lassen Extreme ihren Worten Taten folgen. Wir tragen die Verantwortung dafür, dass die Erinnerung nicht verblasst, dass Hetze, Hass, Ausgrenzung und Verfolgung keinen Raum bekommen, und dass unsere Gesellschaft für Toleranz, Miteinander und die Würde aller Menschen steht.“

SBG-Direktor Axel Drecoll:

„Die brandenburgischen Gedenkstätten werden im April mit vielfältigen Veranstaltungen und Begegnungen an den 75. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge aus den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Ravensbrück sowie aus dem Zuchthaus Brandenburg-Görden erinnern. Wir sind dankbar und froh, dass rund 60 Menschen aus aller Welt, die diese Lagerhaft überlebt haben, zusammen mit ihren Angehörigen auf Einladung des Ministerpräsidenten und unserer Stiftung an den Veranstaltungen teilnehmen werden. Wir wollen mit diesen Veranstaltungen ein deutliches Zeichen setzen, dass das aktive Erinnern an den Nationalsozialismus und seine Verbrechen sowie das Gedenken an die Opfer ein elementarer Bestandteil der demokratischen Kultur in Deutschland sind, die auf den Schutz der Menschenwürde, auf Rechtsstaatlichkeit und Toleranz verpflichtet ist. Wir laden alle Bürgerinnen und Bürger schon jetzt sehr herzlich zur Teilnahme ein, um die vielleicht letzte Gelegenheit einer Begegnung mit Überlebenden der Konzentrationslager zu nutzen. Mit dem alle Gedenkstätten der Stiftung umfassenden Ausstellungsprojekt „Bruchstücke '45“ nehmen wir den 75. Jahrestag außerdem zum Anlass, die Erinnerung an die Umbruchsituation von Befreiung und Kriegsende 1945 in die Region zu tragen. In fünf Einzelausstellungen, die im Jahresverlauf in den Gedenkstätten Sachsenhausen, Ravensbrück, Below, Brandenburg und der Leistikowstraße Potsdam gezeigt werden, wird die Perspektive der NS-Verfolgten in Beziehung gesetzt zu derjenigen der Menschen in den Städten und Dörfern Brandenburgs, und gefragt, wie diese die Umbrüche des Jahres 1945 erlebt haben. 75 Jahre nach der Befreiung der Häftlinge aus den Konzentrationslagern und dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft stehen die Gedenkstätten aber auch vor großen Herausforderungen, die mit dem Ende der Zeitzeugenschaft, einem weiter wachsenden und internationaler werdenden Besucherinteresse, dem digitalen Wandel sowie mit Geschichtsrevisionismus und dem Wiederaufleben völkischer Ideologie verbunden sind. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen die Gedenkstätten personell und finanziell deutlich gestärkt werden.“

Im vergangenen Jahr besuchten etwa 850.000 Besucherinnen und Besucher die Gedenkstätten und Museen der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Die Stiftung realisierte neun Ausstellungsprojekte, mehr als 100 Veranstaltungen sowie rund 5.400 pädagogische Programmpunkte wie Führungen und Workshops.

Neben den Veranstaltungen und Ausstellungen zum 75. Jahrestag der Befreiung werden in den Gedenkstätten Sachsenhausen, Ravensbrück und Brandenburg an der Havel im Rahmen des Förderprogramms „Jugend erinnert“ in den nächsten drei Jahren neue pädagogische Programme entwickelt, die jungen Menschen helfen sollen, die Gegenwartsrelevanz der Geschichte zu begreifen. Im Mai 2020 wird in der Gedenkstätte Ravensbrück eine neue Dauerausstellung über die SS-Aufseherinnen eröffnet. Im August wird mit einer Gedenkveranstaltung und einer Tagung über „Bilanz und Perspektiven der Aufarbeitung“ an die Einrichtung des sowjetischen Speziallagers in Sachsenhausen nach 1945 erinnert. Weitere wissenschaftliche Tagungen beschäftigen sich mit der Memoirenliteratur von KZ-Überlebenden, mit „Medizin nach dem Holocaust“, mit Bilanz und Perspektiven der Erforschung der NS-Gewaltverbrechen sowie mit Akteuren des Kalten Krieges. In den Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück beginnt die Aktualisierung der Zielplanungen, in denen die bauliche Entwicklung für die nächsten Jahre festgelegt wird.

Dr. Insa Eschebach:

„Die Gedenkstätte Ravensbrück gestaltet gemeinsam mit dem Internationalen Ravensbrück Komitee, Überlebenden des Frauen-KZ und Initiativen aus ganz Europa das vielfältige Programm zum 75. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge des KZ Ravensbrück. Das große internationale Interesse und Engagement zeigt, dass die Gedenkstätte Ravensbrück ein transnationaler Erinnerungsort von großer Ausstrahlung und Anziehungskraft ist. Spürbar wird auch, dass die Frage nach den Ursachen der NS-Verbrechen und nach den Lehren, die diese historischen Erfahrungen für unsere Gegenwart in Europa haben können, auch für die nachfolgenden Generationen von großer Bedeutung ist.“

Dr. Sylvia de Pasquale:

„In den Gedenkstätten Brandenburg an der Havel setzen wir die Weiterentwicklung des pädagogischen Angebots fort, wobei ein Schwerpunkt weiterhin auf der aktiven Einbeziehung von Menschen mit Lernschwierigkeiten liegen wird. Im Rahmen des Programms „Jugend erinnert“ werden sie als Guides ausgebildet, die Schul- und Hochschulgruppen durch die Euthanasie-Gedenkstätte oder die Gedenkstätte Zuchthaus Görden führen. Die Schüler und Studierenden lernen auf diese Weise nicht nur etwas über die Verbrechen der Nationalsozialisten an diesen Orten, sondern können auch die bereichernde Erfahrung machen, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten neben ihren Einschränkungen auch umfangreiche Fähigkeiten besitzen. Außerdem werden wir ein Angebot zur Auseinandersetzung mit Antisemitismus entwickeln und die Arbeit mit Vollzugsbediensteten ausbauen.“

Dr. Ines Reich:

„Ich freue mich über das ungebrochene Publikumsinteresse. Im letzten Jahr besuchten fast 12.000 Gäste, darunter viele Schülerinnen und Schüler, die Gedenkstätte in der Leistikowstraße. In diesem Jahr können kostbare Originale wieder bestaunt werden, die gerade aus der Restaurierungswerkstatt zurückgekehrt sind, wie zum Beispiel ein Kopftuchfragment von Hergat Willmanns, das sie während der Haft in Potsdam 1947 trug. Außerdem planen wir, unser Forschungsthema über Motive, Spielräume und Schicksale von Akteuren im Kalten Krieg im Rahmen einer Tagung weiter zu vertiefen.“

Die 1993 gegründete Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten betreut als rechtlich selbständige Stiftung des öffentlichen Rechts mit ihren mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Gedenkstätten in den früheren Konzentrationslagern Sachsenhausen und Ravensbrück, die Gedenkstätten für die Opfer der Euthanasie-Morde in Brandenburg an der Havel und im ehemaligen Zuchthaus Brandenburg-Görden sowie die Gedenkstätte Todesmarsch im Belower Wald als Außenstelle von Sachsenhausen. Außerdem verwaltet sie treuhänderisch die Stiftung Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam. Aufgabe der Stiftung ist es, an Terror, Krieg und Gewaltherrschaft zu erinnern, die Auseinandersetzung der Öffentlichkeit mit diesem Thema zu fördern und ein würdiges Gedenken an die Opfer der Verbrechen der Gewaltherrschaft des NS-Regimes und der sowjetischen Besatzungsmacht und der DDR zu ermöglichen. Das Land Brandenburg fördert die Arbeit der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten in diesem Jahr mit rund 3,8 Millionen Euro, rund 3,35 Millionen Euro kommen vom Bund. Weitere rund 200.000 Euro Landesmittel stehen für die Stiftung Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam bereit. Informationen zum Jahresprogramm der Stiftung: www.stiftung-bg.de/veranstaltungen